Text:   Zeichner: Tyler Crook

Black Hammer: The Unbelievable Unteens

Black Hammer: The Unbelievable Unteens
Black Hammer: The Unbelievable Unteens
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Marcel Scharrenbroich
9101

Comic-Couch Rezension vonApr 2023

Story

Kennt man irgendwie… dann aber doch nicht. Zwischen Hommage und Meta-Story gelingt Jeff Lemire ein weiteres spannendes Kapitel im „Hammerverse“.

Zeichnung

Zwei Zeitebenen, zwei Stile. Tyler Crook, der bereits im „Hellboy“-Universum, in „Harrow Country“ oder seiner eigenen Serie „The Lonesome Hunters“ überzeugte, hat künstlerisch einiges auf dem Kasten.

Vergessene Helden von Gestern und Heute

Wer war… bin ich?

Jane Ito ist achtundzwanzig und verdient sich ihre Brötchen als Comiczeichnerin. Es mag überraschen, doch reich werden dadurch nur die Wenigsten. Auf Cons zu signieren und Commissions für Hardcore-Fans zu zeichnen, lässt die Kasse zusätzlich etwas klingeln. Jane hat das Glück, mit ihrer Serie „The Incredible Unteens“ einen ordentlichen Indie-Hit auf dem Markt zu haben. Eine Reihe über ein junges Superhelden-Team in Ausbildung. Sowas lässt sich alle Jubeljahre immer mal wieder verbraten (fragt MARVEL). Gerade erst hat Jane die Spiral City Comic Con ’97 hinter sich gebracht, da ruft auch schon wieder der Zeichentisch. Termindruck. So eine fortlaufende Reihe will natürlich pünktlich veröffentlicht werden. Als die Zeichnerin in ihrem kleinen Apartment plötzlich eine Stimme hört, denkt sie an alles… nur nicht an das, was sie dann mit hellwachen Augen erblickt. Vor ihr steht… beziehungsweise schwebt Jack Sabbath, eine ihrer vermeintlichen Schöpfungen.

Übermüdung? Hysterie? Wahnvorstellungen? Jane schließt im ersten Moment nichts aus, doch Jack, der laut eigenen Angaben seit seinem Ableben durch Unterwelten und unserer Welt der Geschichten umherstreift, stieß auf unwiderlegbare Beweise für eine haarsträubende Story. Besser gesagt, er stieß auf eine Ausgabe von „The Incredible Unteens“, die zu seiner Überraschung ihn zeigte. Da machte es >klick< und seine ihm rätselhafte Vergangenheit fügte sich Stück für Stück zusammen. Er starb während eines großen Showdowns. Ein Showdown, den Jane Ito für das Ende ihrer Comic-Reihe geplant hat.

Wie kann das sein? Jack überzeugt Jane davon, dass ihr Comic keineswegs ein rein fiktionales Werk ist. Die Dinge, über die sie schreibt und zeichnet, sind wirklich geschehen. Vor zwölf Jahren existierten die Unbelievable Unteens noch… und Jane Ito war eine von ihnen.

Unerledigte Dinge

Jack Sabbath bringt Jane noch in der gleichen Nacht zum heruntergekommenen Moniker-Anwesen. Hier fällt dann auch der letzte Groschen, denn Dr. Miles Moniker, selbst Vater einer telekinetisch begabten Tochter, leitete damals diese Ausbildungsstätte für Teenager-Superhelden. Weltweit suchte er nach geeigneten Schülerinnen und Schülern. Fündig wurde er im jungen Okkultisten Jack, Kraftprotz Straka, Kid Boom, seiner eigenen Tochter Alexis - alias Snapdragon - und schließlich Jane, die als Strobe zum lebenden Licht wurde. Zusammen retteten sie als Unbelievable Unteens Spiral City mehr als nur einmal. Das änderte sich jedoch, als sie auf ihren ärgsten Gegner trafen… mit fatalem Ausgang.

Jack gibt sich noch immer die Schuld für die damals verpatzte Mission. Leidtragender war nicht nur er, sondern auch seine große Liebe Snapdragon. Nun sieht er die Zeit reif, diesen Fehler zu korrigieren. Doch dazu muss erstmal das alte Team wieder vollständig reaktiviert werden. Und - wie Jane - erinnert sich nicht jeder daran, einmal ein Superheld gewesen zu sein…

Bankdrücker

Bei den Begriffen „Teenager-Superhelden“ und „Ausbildungsstätte“ müssten bei Comic-erfahrenen Leserinnen und Lesern eigentlich mehrere Glöckchen klingeln:

Xaviers Institut für begabte Jugendliche (oder Xavier's School for Gifted Youngsters) kennen bereits Generationen von MARVEL-Fans seit 1963, als die „X-Men“ debütierten. Diese Einrichtung zog sich Jahrzehnte durch die Comic-Landschaft und war auch Schauplatz zahlreicher Kinofilme.

MARVEL hat dieses Konzept erst 2020 wieder aufgegriffen. Ihr „Strange Academy“ wurde zum Überraschungs-Megahit! Autor Skottie Young und Zeichner Humberto Ramos ließen gleich zahlreiche neue Charaktere auf die Leserschaft los, was aus Sammler-Sicht IMMER ein gutes Kaufargument ist. Für die US-Erstauflage der #1 muss man schon ein paar Taler springen lassen. Volume 1 wurde hierzulande in drei Paperbacks von PANINI veröffentlicht.

Ein weiterer Hit war „The Umbrella Academy“, die in deutscher Übersetzung bei CROSS CULT beheimatet ist. Die DARK HORSE-Serie stammt aus der Feder von Gerard Way, dem Sänger der damaligen Band My Chemical Romance. Sein künstlerischer Partner-in-Crime war der mehrfach ausgezeichnete Gabriel Bá. „The Umbrella Academy“ räumte nicht nur die wichtigsten Preise ab, sondern schaffte bereits in drei Staffeln den Sprung auf den Bildschirm, wofür sich NETFLIX verantwortlich zeigt. Hier sehe ich persönlich die stärksten Parallelen zu „The Unbelievable Unteens“.

Ausgelernt

Die Idee ist also nicht neu, und da werfe ich Kollegen wie Zauberschüler „Harry Potter“ oder den Addams-Spross „Wednesday“ noch nicht mal mit in den Topf der übernatürlich begabten Schülerinnen und Schüler. Trotzdem gelingt es „Black Hammer“-Schöpfer Jeff Lemire mit Bravour, dem oft genutzten Stoff noch frische Facetten zu entlocken. Sein ganzes „Hammerverse“, welches mittlerweile eine halbe Bibliothek an Haupt- und Spin-off-Teilen umfasst, ist ja quasi ein verzerrtes Spiegelbild der gängigen Superhelden-Multiversen. Da ist seine Sicht auf die Dinge - und wie sich die Geschehnisse in „The Unbelievable Unteens“ in den weitläufigen Kosmos einfügen - nicht nur eine nette Hommage an besagte Vorbilder, sondern auch eine gut durchdachte Story mit Meta-Ebenen.

Die einleitende Kurzgeschichte „Black Hammer Presents… Horrors to Come“ stammt aus dem US-Heft vom Free Comic Book Day 2019 und wurde von David Rubín inszeniert. Rubín ist alten „Black Hammer“-Hasen kein Unbekannter, setzte der Spanier doch das erste Spin-off „Sherlock Frankenstein und die Legion des Teufels“ um. Für die eigentliche vierteilige Mini-Serie über die „Unteens“ griff dann Tyler Crook zum Stift. Schon im „Colonel Weird“-Spin-off „Cosmagog“ begeisterte mich sein Können. Hier pendelt Crook zwischen Pop-Artigen Retro-Bildern im klassischen 80’s-Stil, welche in Rückblenden zum Einsatz kommen, und weicheren Illustrationen in Aquarell-Kolorierung für das gegenwärtige Geschehen. Ich bin ein großer Freund davon, wenn Zeichnerinnen und Zeichner eine breite Palette auffahren. Abwechslung für Auge und der Story dienlich, um inhaltlich nicht den Zeit-Faden zu verlieren.

Fazit:

„The Unbelievable Unteens“ bedient sich recht offensichtlich im Superhelden-Pool, macht dieses aber „Black Hammer“-typisch clever und erstaunlich eigenständig. Lemire kennt die Vorbilder, webt die Parallelen aber gekonnt in sein stetig expandierendes Comic-Universum ein. Ein Meta-Trip mit starken Figuren und interessanter Story.

Black Hammer: The Unbelievable Unteens

Jeff Lemire, Tyler Crook, Splitter

Black Hammer: The Unbelievable Unteens

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