Text:   Zeichner: Chris Madden

Danger Girl: Revolver

Danger Girl: Revolver
Danger Girl: Revolver
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Marcel Scharrenbroich
8101

Comic-Couch Rezension vonJul 2019

Story

Wer hier was anderes erwartet, als halsbrecherische Action und toughe Ladies, die den Kerlen den Rang ablaufen und zeigen, wo der Hammer zu hängen hat, ist im falschen Comic gelandet. Die „Danger Girls“ bleiben ihrer Marke treu und liefern rasanten (wenn auch harmlosen) Action-Spaß.

Zeichnung

Knallbunt, überzeichnet und lasziv, kommen die Zeichnungen von Chris Madden auf eine solide 7. Das Zünglein an der Waage ist aber das Artwork von Mitschöpfer Campbell, welches man in der angehängten Covergalerie bestaunen kann. Immer wieder ein Blickfang. Dies und der hohe Spaßfaktor sorgen für eine knappe 8 in der Gesamtwertung.

Explosives Comeback

„Gute Mädchen kommen in den Himmel…“

… und die „Bad Girls“ landen auf den Covern von J. Scott Campbell. Der amerikanische Comic-Künstler ist geradezu berühmt-berüchtigt für seine lasziven und kurvenreichen Cover-Illustrationen. Hin und wieder muss er sich zwar den Vorwurf gefallen lassen, dass seine Charaktere einander leicht ähneln, was den Gesichtsausdruck und… ja, auch die gertenschlanken Size-Zero-Maße angeht. Auch seine männlichen Figuren fallen nicht durch anatomische Korrektheit ins Auge, können dafür eher als überzeichnete Weiterentwicklungen von Todd McFarlanes „Spider-Man“-Zeichnungen aus den 90ern betrachtet werden. Macht aber nix, da Campbells flotter Strich immer wieder begeistern kann und seine Kreationen dadurch einen enorm hohen Wiedererkennungswert haben. Es gibt sogar Sammler – und davon nicht wenige -, die sich ausschließlich auf seine Arbeiten konzentrieren. Soll heißen, egal welche Serie, egal welche Nummer und egal welcher Verlag: ALLES, was die geschwungene Unterschrift von Mr. Campbell trägt, wird gnadenlos gekauft. Oftmals sind seine Variant-Cover nur Shop-exklusiv und auf entsprechend kleine Stückzahlen limitiert, andere gibt es hingegen nur in seinem hauseigenen Online-Shop zu erstehen. Manchmal gleich mehrere Variationen eines einzelnen Hefts. Mal in schwarz-weiß, mal als Sketch (Skizze), mal als getuschte Reinzeichnung (gerne auch in unterschiedlichen Outline-Farben), mal mit leichten Unterschieden in der Kleidung oder dem Hintergrund und dann wieder als jungfräuliches „Virgin“-Cover (ohne lästige Schrift und Nummerierung, also NUR das reine Motiv des jeweiligen Künstlers). Da kommt man als Sammler schnell mal ins Schwitzen und kann seinem Bankkonto beim ultimativen Countdown regelrecht zugucken. Es kann aber auf der anderen Seite aber auch eine Menge Spaß bringen, sich auf die Suche nach einem Motiv seines Lieblingskünstlers zu begeben. Oder es fuckt einen kräftig ab, weil ein Typ am anderen Ende der Welt schneller war und sich UNSER Wunsch-Motiv in seinen verdammten Warenkorb gepackt hat… wie man es halt nimmt.

Jedenfalls hat jener besagte J. Scott Campbell, der so schön und sexy malen kann, Ende 1997 erstmals die „Danger Girls“ auf die Leserschaft losgelassen, die er zusammen mit Autor Andy Hartnell erdachte. Da der gute Mr. Campbell jedoch nicht der Schnellste am Zeichentisch ist, was ihn zusammen mit Comic-Gott Alex Ross - dessen aufwändige Panel-Gemälde sich fast nicht von Fotos unterscheiden lassen -, auf eine Stufe stellt und diese damit zu den Comic-Äquivalenten von Schriftsteller George R. R. Martin werden lässt, war es bereits nach sieben Ausgaben (+ einem „Preview“-Heft, das die Charaktere einführt) schon wieder vorbei mit den Ladies. Nach rund der Hälfte der Serie, wurde diese auch noch vom Image Verlag an dessen Imprint Wildstorm (Studio des Künstlers Jim Lee, einer der Gründer von Image Comics) weitergereicht, welches 1999 (und pünktlich zu Heft #5) an DC Comics verhökert wurde. Das „Cliffhanger!“-Logo (wiederum ein Imprint von Wildstorm) zierte aber weiterhin die „Danger Girl“-Ausgaben. Mitte 2000 wurde die kurzlebige Serie in deutschsprachigen Gefilden durch den Dino Verlag veröffentlicht, der die gesamte Geschichte auf vier Hefte verteilte.

Seitdem gab es keine durchgängige Reihe der „Danger Girls“ mehr und die Charaktere hielten sich (erfolgreich) mit One-Shots, Specials, Mini-Serien und Crossovern über Wasser. So trafen die Damen schon auf „Batman“, die Crew von „G.I. Joe“ und kämpften an der Seite von Kultfigur (und Mitarbeiter des Monats) Ash Williams gegen die „Armee der Finsternis“. Für dieses Aufeinandertreffen tat sich IDW Publishing, wo die „Danger Girls“ seit ihren Cliffhanger!-Tagen zuhause sind, mit den Kollegen von Dynamite Entertainment zusammen, für die sich Ash schon durch diverse Serien schnetzeln durfte. J. Scott Campbell ziert mit seinen Werken noch regelmäßig diverse Cover der US-Einzelhefte… natürlich gerne auch mal in mehreren Varianten.

Mission: Possible

Die Mini-Serie „Danger Girl: Revolver“ stellt die erste deutsche Veröffentlichung der Spioninnen seit 2005 dar. Nach der Original-Reihe (+ Hardcover- und Sammelband-Auswertungen) folgten noch die Dino-Publikationen „Danger Girl: Kamikaze“, „Danger Girl: Hawaiian Punch“ und das Crossover „Batman/Danger Girl“, welches bei Panini erschien.

„Revolver“ beginnt in Venedig und wir platzen direkt in einen Auftrag von Abbey Chase, den das „Danger Girl“ mit ihrem CIA-Kollegen Johnny Barracuda absolvieren soll. Leider verpennt der gute Johnny seinen Einsatz und so kommt es direkt zu einer heißen Verfolgungsjagd… und zwar zu Lande, zu Wasser und in der Luft. Genau in dieser Reihenfolge. Schon die ersten Seiten legen ein wahnwitziges Tempo vor, dass man sich schon zu diesem frühen Zeitpunkt besser im Lesesessel anschnallen sollte… und das Sturzhelmchen bitte nicht vergessen.

Eine imposante Doppelseite, die uns in bester „007“-Opening-Manier erstmal durchatmen lässt, führt uns dann direkt in die Handlung: Kaum sind Abbey Chase, Sydney Savage, Valerie Evans und Johnny Barracudda wieder in ihrer schwimmenden Kommandozentrale, in Form einer luxuriösen Yacht, zusammengekommen, stellt ihr Auftraggeber und Mentor Deuce, ein ehemaliger MI6-Agent, ihnen eine Ex-Kollegin aus seiner bewegten Vergangenheit vor. Veronica Fox hat eine alte Mumie aus dem 16. Jahrhundert im Gepäck, die ebenso wie der mysteriöse heilige Ring, den das Team während seiner halsbrecherischen Auftakt-Mission vom Zillionär Enzo Moretti gemopst hat, aus Peru stammt. Es ist wohl klar, wohin es die Girls als nächstes führt, oder?

Peru: Abbey und Sydney machen die Entdeckung, dass es im „Tal der Sonne“ alles andere als sonnig ist, was es den peruanischen Ureinwohnern schwer macht, in der andauernden Dunkelheit zu überleben. Die Ernte ist hin und es scheint ein Fluch über dem Volk zu liegen. Die leidgeplagten Peruaner führen Abbey und Sydney durch einen Wasserfall, bis tief in eine versteckte Höhle. Dort steht ein Steinsockel, auf dem etwas zu fehlen scheint… „Der Sonnenstrahl der Hochi“. Ein goldenes Medaillon, das fruchtbares Land und reiche Ernten beschert. Die „Danger Girls“ müssen es ausfindig machen, bevor die Zivilisation dort zugrunde geht. Doch zuerst müssen sie sich mit ihrer Kontaktperson treffen… und diese ist ausgerechnet ein Kerl, den Abbey aus ihrer Vergangenheit kennt. Damit aber nicht genug. Dieser Typ hat noch jemanden in Schlepptau, den Sydney wiederum sehr gut kennt: ihre Schwester Sonya…

Sex und Gewalt…

… gibt es hier zwar nicht zu sehen, aber… ich fand die Überschrift so schön reißerisch. Dafür liefern die Mädels reichlich Action und es kracht am laufenden Band. Überdreht, augenzwinkernd und unübersehbar irgendwo zwischen „Lara Croft“, jeder geläufigen „James Bond“-Inkarnation und unser aller Lieblings-Archäologe Dr. Henry „Indy“ Walton Jones Jr. angelegt, lassen die legitimen „3 Engel für Charlie“-Nachfolgerinnen ordentlich die Kuh fliegen. Der Spaß steht hier eindeutig im Vordergrund, weshalb es auch nicht überraschen dürfte, dass Andy Hartnells Story keinen Innovationspreis erwarten darf. Muss ja auch nicht sein… manchmal reicht es schon, wenn man für 1 - 2 Stunden nett unterhalten wird und eine bleischwere Story nicht für den Rest des Tages mit sich rumschleppt. DAS wird euch in KEINEM „Danger Girl“-Band passieren, dafür fühlt ihr euch aber auch nicht übersättigt und könnt das Buch abschließend mit einem entspannten Grinsen zuklappen und in die Entertainment-/No-Brainer-Ecke eurer Sammlung einsortieren. Sinn und Zweck erfüllt!

Chris Madden, der hier den Pinsel geschwungen hat… also künstlerisch… nich hier, äh… ach komm… Chris Madden, der hier zeichnerisch tätig wurde, orientiert sich an Campbells Cartoon-Stil und fängt den Geist von „Danger Girl“ somit solide ein. Wer „Out There“ von Humberto Ramos gelesen hat, wird mit Sicherheit Parallelen im Artwork feststellen, was aber durchaus angemessen ist. Ein krasser Stilbruch im Design hätte der Reihe wahrscheinlich mehr geschadet als genutzt, weshalb man über Ähnlichkeiten im Zeichentrick-Look locker hinwegsehen kann. Die Farben von Jeromy Cox sind leuchtend und knallig, was den 90er-Trickfilm-Charme der Popcorn-Spionage noch deutlicher hervorhebt.

Nachschuuuuub…

…gibt es natürlich auch schon, denn „Revolver“ wurde von Dani Books bereits 2013 herausgebracht. Die Bände „Trinity“, „The Chase“, „Mayday“ und der brandaktuelle „Renegade“ sind ebenso erhältlich, wie die beiden Crossover-Titel „Danger Girl/G.I. Joe“ und „Danger Girl und die Armee der Finsternis“. Letzterer ist ein famoser Spaß für „Tanz der Teufel“-Freunde (dass dieser Streifen nun ab 16 Jahren freigegeben ist und im Elektrofachmarkt neben „Scary Movie“, „Paranormal Activity“ und Konsorten liegt und man den Verkäufer danach fragen kann, ohne mit Weihwasser bespritzt und mit Fackeln und Heugabeln aus dem Laden getreten zu werden, kann ich immer noch nicht glauben) und fängt den Humor, der vor allem dessen Fortsetzungen und der Marke „Bruce Campbell“ zu verdanken ist, recht gut und augenzwinkernd ein. Die anderen „Danger Girls“-Titel landen definitiv auf der Muss-ich-noch-lesen-Liste.

Fazit:

Wer sich nun fragt, warum noch niemand diesen Stoff, der ja geradezu nach einer Verfilmung SCHREIT, auf Zelluloid gebannt hat, obwohl „Charlie’s Angels“ bald schon wieder ihr Unwesen treiben, dem sei gesagt, dass die Filmrechte mittlerweile bei der Münchner Produktionsfirma Constantin Film liegen und „Cry_Wolf“- und „Kick-Ass 2“-Regisseur Jeff Wadlow, der 2018 erst zu einer gepflegten Runde „Wahrheit oder Pflicht“ einlud, für den Regieposten angedacht ist. Die Schöpfer J. Scott Campbell und Andy Hartnell sollen dabei als Produzenten involviert sein. Kann gerne kommen, denn die „Danger Girls“ sorgen mit Action, Herz und Humor für jede Menge unbeschwerten Spaß.

Danger Girl: Revolver

Andy Hartnell, Chris Madden, Dani Books

Danger Girl: Revolver

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