Interview:
Olivia Vieweg

06.2018 Hallo Olivia. Es freut mich sehr, dass Du uns ein paar Fragen zu Deiner bei Carlsen veröffentlichten Graphic Novel „Endzeit“ beantwortest.

Fast alles, was ich kann, hab ich irgendwie vom Manga gelernt.

Comic-Couch:
Olivia, Du hast „Endzeit“ bereits 2011 als Diplomarbeit geschrieben und gezeichnet. Kurz vorher bescherte die damals neu gestartete Serie „The Walking Dead“ dem Zombie-Genre den zweiten Frühling. Wurdest Du bei Deiner Arbeit von dem Untoten-Hype beeinflusst, oder woher stammt die Idee zu „Endzeit“?

Olivia Vieweg:
Als ich Endzeit begonnen habe, gab es noch keinen Zombie-Hype, oder wenn, dann steckte er noch in den Kinderschuhen. Ich hab damals viele Klassiker des Zombie-Genres gesehen, um mich auf die Story einzustimmen. Neues Filmmaterial gab es da kaum. Und vor Endzeit war ich auch kein Fan des Genres. Ich war Horror-Fan aber die Zombies waren mir bis dahin immer zu heftig, zum Glück hab ich dann sehr schnell durchschaut wie großartig sie sind und was sie für erzählerische Möglichkeiten bergen.

Comic-Couch:
Warum war es Dir ein besonderes Bedürfnis, Dich Deiner Diplomarbeit erneut anzunehmen und die Geschichte um mehr als 200 Seiten zu erweitern? Fühlte die „kurze“ Version sich für Dich unvollständig an, oder war die „vollständige“ Idee schon länger vorhanden?

Olivia Vieweg:
Die längere Version der Geschichte entstand im Zuge der Drehbucharbeit. Da ich die ursprüngliche Geschichte zu einem Langfilm machen wollte, ist einfach mehr Story dazugekommen. Die Reise ist jetzt epischer und auch spannender. Da man als Autor bei Verfilmungen wenig Mitspracherecht hat und andere Entscheiden wie der Film aussieht und wie die Tonalität ist, war es mir wichtig, das Ganze noch mal selber in die Hand zu nehmen. Und beim Comic darf man alles alleine entscheiden, eine große Freiheit also.

Comic-Couch:
Die Zombies selber treten in Deinem Buch etwas in den Hintergrund und rücken die Geschichten zweier ungleicher, junger Frauen in den Fokus. Um in der apokalyptischen „Endzeit“ zu überleben, müssen die anfänglich schüchterne Vivi und die selbstbewusste Eva an einem Strang ziehen. Ist es besonders reizvoll, solch gegensätzliche Charaktere und die sich aus dieser Konstellation ergebenden Konflikte zu entwickeln?

Olivia Vieweg:
Absolut! Das war von Anfang an mein Wunsch: Zwei ungleiche Figuren. Und beide können von der anderen etwas lernen. Auch, wenn man erst mal denkt, von der schwachen Vivi, kann die starke Eva nichts lernen. Dabei ist nicht nur Kampferfahrung wichtig in so einer Welt, sondern auch die Fähigkeit zur Empathie.

Comic-Couch:
Ebenso wie „Endzeit“ spielt auch Deine Interpretation von Mark Twains „Huck Finn“ (erschienen im Suhrkamp Verlag) in Deutschland und wurde zudem noch in die heutige Zeit verlagert. Dürfen wir uns in naher Zukunft noch auf weitere Werke von Dir freuen, die bekannte oder klassische Themen adaptieren und in heimischen Gefilden spielen?

Olivia Vieweg:
Ich hab den Huck Finn sehr gerne gemacht und mich am originalen Text abgearbeitet. Danach hatte ich aber erst mal Lust was komplett eigenes zu machen. So eine literarische Vorlage ist immer ein sicheres Netz weil viele Wendepunkte in der Geschichte schon vorgegeben sind. Da darf man sich dann bei einer neuen Adaption bedienen, so als ob man das beste aus einer Pralinenschachtel herauspickt. Für mich war es erstmal wichtig wieder ohne doppelten Boden zu arbeiten, alles alleine auszudenken. Aber irgendwann will ich wieder was mit Vorlage machen, vielleicht mal den Zauberer von Oz.

Comic-Couch:
Deinen zeichnerischen Stil könnte man als „westlich, mit Manga-Einflüssen“ bezeichnen. Siehst Du Deine künstlerischen Vorbilder (falls es diese überhaupt gibt) eher bei westlichen Comic-Künstlern, oder im Manga-Bereich?

Olivia Vieweg:
Ich komme eindeutig vom Manga her. Ich habe hunderte Manga verschlungen, viele liebe ich bis heute heiß und innig. Angefangen habe ich zwar mit dem Lustigen Taschenbuch, aber die Erleuchtung hatte ich dann erst mit Sailor Moon und Co. Fast alles, was ich kann, hab ich irgendwie vom Manga gelernt. Die westlichen Comics kamen dann erst wieder in mein Leben, als ich studiert habe.

Comic-Couch:
2017 wurden bereits die Dreharbeiten für eine Verfilmung zu „Endzeit“ abgeschlossen und ein Kinostart ist für 2019 geplant. Inwieweit warst Du bei der Produktion involviert? Hattest Du z.B. Mitsprache bei der Wahl der Hauptdarstellerinnen?

Olivia Vieweg:
Ich durfte die Castingsvideos sehen und habe auch Vorschläge für Darstellerinnen gemacht, die finale Entscheidung lag aber nicht bei mir. Aktuell ist es schon noch so, dass der Autor da nur wenig oder gar nicht mitsprechen darf. Aber vielleicht ändert sich das demnächst.

Comic-Couch:
Liebe Olivia, das war’s schon… Ich bedanke mich ganz herzlich bei Dir für das kleine Interview und wünsche weiterhin viel Erfolg mit „Endzeit“… sowohl in gedruckter Form, als auch (hoffentlich bald) auf der großen Leinwand.

Das Interview führte Marcel Scharrenbroich im Juni 2018.
Foto Olivia Vieweg © privat
Cover, Zeichnungen © Olivia Vieweg / Carlsen Verlag, Hamburg 2018

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