Interview:
Christian Eisert

02.2020 Bestseller-Autor Christian Eisert besuchte Nordkorea, die Schweiz, bretterte 12.000 Kilometer im Porsche durch Deutschland und gab am Beispiel von Donald Duck hilfreiche Tipps für einen ausgeglichenen Seelenhaushalt. Mit „Entlich glücklich - 7 Erfolgsstrategien für Pechvögel und Glücksritter“ wagt der Satiriker und Comedy-Coach sich erneut ins disney’sche Entenhausen… und gleich nach dem Entenhausener Kurier durften WIR Christian Eisert ein paar Fragen zu seiner Arbeit stellen.

"... Außerdem kann ich wie Donald quaken und wie Micky sprechen, während ich eher eine Abneigung habe gegen Prügeleien mit Römern ..."

Comic-Couch:
Lieber Christian… Danke, dass Du uns zwischen dem Verhör von Kim Jong-un und dem Exklusiv-Interview für die Schülerzeitung von Tick, Trick und Track noch einschieben konntest. Nach all Deinen Reisen quer durch die Welt, wo konntest Du mit Deinen beobachtenden Augen den größten Kulturclash erfahren? In Nordkorea, Entenhausen… oder doch in der Schweiz?

Christian Eisert:
Extrem interessant sind alle drei Orte und ich habe gleichermaßen gerne darüber geschrieben. Die Schweiz überraschte damit, dass sie harmlos und putzig daherkommt, aber die Menschen dort bis heute ein recht kriegerisches Volk bilden, das zudem vor hundert Jahren noch zu den ärmsten Ländern Europas gehörte. Arm und kriegerisch verbindet man dagegen viel eher mit Nordkorea. Zu Recht. Aber Nordkorea ist eben auch ein landschaftlich oft wunderschönes Land mit Menschen, die viel Humor haben. Und die Disney-Figuren mögen. Außerdem gab es dort eine sehr entwickelte Animationsindustrie, die unter anderem beim „König der Löwen“ mitmischte. Und Entenhausen fasziniert, weil die bunte, heitere Oberfläche auf einem sehr weisen, ernstzunehmenden Fundament ruht, an dem wir uns tatsächlich orientieren können.

Comic-Couch:
Nach „Finde deine innere Ente“ bist Du nun zum zweiten Mal in der Comic-Welt unterwegs. Warum gerade Micky & Co.? Hast Du eine besondere Verbindung zu Walt Disneys Schöpfungen?

Christian Eisert:
Obwohl ich in der DDR groß wurde, bin ich mit Lustigen Taschenbüchern aufgewachsen. Das erste – Band 65, „Spaß mit Micky und Minni“ – ließ mein Kölner Cousin nach einem Besuch da. Das zweite – LTB 54, „Micky, der Meisterdetektiv“ – schmuggelte mein Opa über die Grenze. Und machte dies noch öfter für mich. Und schließlich war das erste Produkt, was ich mir auf westdeutschen Boden kaufte, das LTB 117, „Die Ducks… vom Winde verweht“ - am Abend des 10. November 1989 im Zeitungskiosk des Bahnhofs Zoo, 19 Stunden nach dem Fall der Mauer. Später habe ich zum Beispiel Goethes Werther in der Donald-Version im Deutschunterricht vorgestellt.

Comic-Couch:
Mit treffsicherem Humor und einer Menge Kreativität (und dem Sachverstand der anerkannten Entenhausener Psychoanalytikerin Dr. Siglind Leid) gehst Du in „Entlich glücklich“ dem Mysterium des „Glücks“ auf die Spur. Wie definierst Du „Glück“? Und… was macht Dich „glücklich“?

Christian Eisert:
Wichtig ist zu unterscheiden zwischen Glück zu haben und glücklich zu sein. Im Buch gehe ich ausführlich darauf ein. Hier die Kurzversion: Glückhaben ist ein kurzer Moment, der unterschiedliche Ursachen haben kann. Glücklichsein dauert länger und braucht, um es zu empfinden, als Kontrast den Zustand des relativen Unglücklichseins.  Ich selbst bin glücklich, wenn ich zum Beispiel mit unanstrengenden Menschen ein paar Tage gemeinsam Boot fahre. Idealerweise treffe ich dabei regelmäßig Enten.

Comic-Couch:
Was war zuerst da: Das Huhn oder das Ei? Besser gefragt: Hast Du zuerst die Texte der sieben Strategien verfasst und DANN die thematisch passenden Comic-Geschichten mit unseren Disney-Lieblingen ausgesucht… oder umgekehrt? Donald, Dagobert, Micky und Karlo die treffenden Strategien quasi auf den gezeichneten Leib geschneidert?

Christian Eisert:
Zunächst hatte ich den Titel. Dann erarbeitete ich die Kapitelstruktur, d.h. ich überlegte mir, welche Entenhausener für die Auseinandersetzung mit dem Glück in Frage kommen könnten. Als die feststanden, begann ich, erste passende Geschichten herauszusuchen, während Redakteur Fabian Gross vom Verlag, ebenfalls nach Geschichten schaute. Wir mussten ja nicht nur die Inhalte beachten, sondern auch die Längen der Geschichten, da die Seitenzahl des Buches im Vorhinein feststand. Als alles strukturell geklärt war, schrieb ich die Kapiteltexte, allerdings nicht chronologisch in der Reihenfolge, wie sie im Buch stehen, sondern bewusst durcheinander, sonst läuft man Gefahr, dass es anfangs noch ruckelt und erst weiter hinten flüssig wirkt, weil man sich „warm geschrieben“ hat. Zu guter Letzt gab es einen Überarbeitungsdurchgang.

Comic-Couch:
Gibt es schon Pläne für weitere Abstecher nach Entenhausen? Oder wird es Dich vielleicht sogar an andere Comic-Örtlichkeiten verschlagen? Gallien soll ja um diese Jahreszeit ganz schön sein…

Christian Eisert:
Stand jetzt fühle ich mich in Entenhausen so wohl, dass ich gar kein Bedürfnis nach einem Ausflug in gallische Dörfer verspüre, zumal es noch genug über die Bewohner der Gumpenstadt zu erzählen gibt. Außerdem kann ich wie Donald quaken und wie Micky sprechen, während ich eher eine Abneigung habe gegen Prügeleien mit Römern.

Comic-Couch:
Neben dem Schreiben von Sachbuch-Bestsellern berätst Du auch Produktionsfirmen und Comedians. Was bereitet Dir mehr Freude: Abseits der Bühne die richtige Richtung zu weisen oder selbst mit eigenen Projekten im Rampenlicht zu stehen?

Christian Eisert:
Zu allererst verstehe ich mich als Autor. Schreiben befriedigt mich zutiefst. Und es ist schön, dafür Anerkennung zu bekommen. Doch ich genieße ebenso, für andere zu schreiben, ohne die Aufmerksamkeit. Anerkennung gibt es ja trotzdem, nur von weniger Menschen. In punkto Fernsehen fasziniert mich nach wie vor, zu sehen, wie aus meinen Drehbuchtexten bewegte Bilder geworden sind. Und schließlich vermittle ich gerne das Handwerk des Humors in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Letztlich bereitet mir genau diese Mischung Freude.

Comic-Couch:
Gibt es in Deutschland Comedians, die ohne ein professionelles Coaching schon sang- und klanglos in der Versenkung verschwunden wären? (Ich will da keine Namen herauskitzeln, sondern nur die Bestätigung… frage für einen Freund.)

Christian Eisert:
Grundsätzlich sollte man davon ausgehen, dass alle, die länger und/oder sehr erfolgreich im Geschäft sind, Unterstützung haben. Sei es durch Autoren, die ihnen Texte (zu)liefern, sei es durch Regisseure, die ihre Bühnendarstellung choreographieren. In welchem Maß das geschieht, ist unterschiedlich. Es gibt sicher noch Künstler, die alles allein machen, aber das ist – zumindest in den vordersten Reihen - eine Minderheit. Sich Unterstützung zu holen, liegt selten am Unvermögen, sondern zeigt Professionalität. In der heutigen Taktung von Auftritten und notwendiger Medienpräsenz schafft der Bühnenkünstler es allein kaum, alle Inhalte dafür zu liefern.  Das ist übrigens in der Politik genauso. Kennedys „Ich bin ein Berliner“ stammt auch nicht von ihm, sondern von seinem Redenschreiber Ted Sorensen.

Das Interview führte Marcel Scharrenbroich im Februar 2020.
Fotos © Christian Eisert

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