Text:   Zeichner: Fiona Staples

Saga 1

Saga 1
Saga 1
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Marcel Scharrenbroich
9101

Comic-Couch Rezension vonSep 2019

Story

Besser kann man eine Serie kaum starten. Die Story packt einen sofort und Anspielungen auf zukünftige Ereignisse aus dem Off halten die eh schon atemlose Spannung hoch. So ist die Neugier auf die nächsten Kapitel bereits früh geweckt.

Zeichnung

Kreative Kreaturen und eine Welt, die alles andere als clean und steril wirkt. Zudem begeistern die atmosphärischen Farbverläufe.

Avatar + Star Wars + jede Menge Kreativität = Saga

Verbotene Liebe

JA. Es geht um Liebe. Eine Romanze zwischen einem Pärchen aus zwei eigentlich verfeindeten Völkern. Und NEIN, das ganze hat nichts mit Kitsch, geschweige denn mit irgendeiner schmalzigen Vorabend-Soap zu tun. Vielmehr handelt es sich bei SAGA um eine waschechte Space Opera, die bereits im ersten Band andeutet, auf welch epische Ausmaße sie sich auszudehnen droht.

Die Rahmenhandlung von SAGA ist eigentlich schnell erzählt: Alana kommt vom Planeten Landfall, dem größten in der gesamten Galaxie. Ihr Partner Marko, in den sie sich unsterblich verliebte, stammt von dessen Mond, der Ranke. Hört sich jetzt nicht nach dem gewaltigsten Problem an, doch leider sind die Völkchen untereinander bis aufs Blut verfeindet. Da man den jeweiligen Gegner nicht einfach mit einem ordentlichen Knall pulverisieren kann, ohne die eigene Heimat aus der Umlaufbahn zu schießen, werden die Kämpfe schlicht in den umliegenden Systemen ausgetragen. Quasi auf neutralem Gebiet. Die liebenden Deserteure befinden sich derweil auf der Flucht, denn eine Partnerschaft mit dem Feind ist auf beiden Seiten nicht gerne gesehen. Besonders nicht, wenn auch noch gemischtrassiger Nachwuchs ins Hause steht…

Und genau hier beginnt die SAGA. Wir werden direkt Zeugen der Geburt der kleinen Hazel, die rückblickend auf die Geschehnisse aus dem Off als Erzählerin der Geschichte fungiert. Das Mädchen erblickt das Licht der Welt auf dem Planeten Kluft. Doch auch hier sind die Häscher beider Völker dem Paar dicht auf den Fersen. Eine Geburt unter Hochdruck also. Auf der Werkbank einer schmierigen Werkstatt, deren Besitzer Alana und Marko für ein paar Kröten an den Feind verkauft hat, welcher jetzt kurz davorsteht, die kleine Familie in Gewahrsam zu nehmen. Beim anschließenden Feuergefecht wird dann deutlich, dass es in SAGA nicht zimperlich zur Sache geht. Vom verräterischen Werkstatt-Besitzer gibt es als kleine Wiedergutmachung noch eine Karte, bevor er den Arsch zukneift. Im dort markierten Raketenwald soll es ein Raumschiff geben, dass sie von Kluft wegbringen könnte… ja, sogar die gesamte Galaxie könnten sie damit hinter sich lassen und müssten keine Verfolger mehr fürchten. Diese lassen allerdings nicht locker und schon bald haben sich zwei Auftragskiller im Auftrag ihrer jeweiligen Völker an sie geheftet. Auf ihrer Suche zu dem markierten Ort müssen Alana, Marko und Hazel so mancher Widrigkeit trotzen und machen außerdem noch die Bekanntschaft mit dem Geistermädchens Izabel. Naja, zumindest mit einem Teil von ihr, denn Izabel wurde bei ihrem unschönen Abgang ein wenig zerfetzt, weswegen unsere Freunde sich mit ihrem oberen Teil zufriedengeben müssen. Izabel bietet den beiden ihre Hilfe an und die haben sie auch bitter nötig. Die Freilanzer Der Wille und Die Pirsch lassen sich nämlich nicht so leicht abschütteln…

Krieg der Sterne? HA… kenn ich!!!

Was für ein furioser Auftakt, der leider viel zu lange an mir vorbeiging. Regale voller Eisner- und Harvey-Awards und ein durch die Bank weg positives Echo aus allen Teilen der Welt ließen die Erwartungen natürlich in ungeahnte Höhen steigen… was auch ein Nachteil sein kann, da die Fallhöhe natürlich enorm ist. Hätte mich SAGA nicht bereits nach wenigen Seiten so die dargebotene Geschichte und den optisch sehr gelungenen Weltenbau von Zeichnerin Fiona Staples gesaugt, hätte ich durchaus in Erwägung gezogen, meine Geschmacksnerven mal mit einer ordentlichen Ladung Calgon durchzuspülen… zumal die Kombination aus epischer Science Fiction und einer guten Ladung Abenteuer mich eigentlich sofort triggert. Gut, mit dem schlumpfigen „West Side Story“-Klon „Avatar“ konnte James Cameron mich absolut nicht abholen und entgegen der allgemeinen Meinung behaupte ich immer noch, dass das Pandora-Geschwurbel ohne die (zugegeben) revolutionäre 3D-Technik sang- und klanglos in der Blockbuster-Masse untergegangen wäre, aber Sci-Fi-Märchen à la „Star Wars“? Damit kriegste mich immer… es muss halt nur gut gemacht sein. Die Green-Screen-Trilo… ähm, ich meine natürlich die Prequel-Trilogie der Sternensaga mal schnell aus dem Gedächtnis verbannt, konnten mich der oft als „Eine neue Hoffnung“-Abklatsch verschriene „Das Erwachen der Macht“ von J. J. Abrams und Rian Johnsons gescholtener „Die letzten Jedi“ jedenfalls gut unterhalten. Wer da über seichte Inhalte meckert, sollte sich vielleicht die Ur-Trilogie nochmals ohne rosarote Fan- und Nostalgie-Brille anschauen… denn diese war immer schon ein Sammelsurium aus bereits vorhandenen Ideen und realen Ereignissen. Man denke nur an die filmischen Werke von Akira Kurosawa, an die „Dune“-Romane von Frank Herbert, die Comic-Abenteuer von „Valerian & Veronique“ und den Nationalsozialismus während des Zweiten Weltkrieges. All dies spiegelt George Lucas‘ „Star Wars“-Universum wieder… und es funktioniert! Und warum? Weil es einfach verdammt gut gemacht ist.

Und hier reiht SAGA sich gekonnt ein. Einzelne Versatzstücke mögen vertraut erscheinen, was jedoch nicht wirklich eine Rolle spielt. Ich will jetzt nicht abgedroschen sagen, dass gut geklaut besser ist, als schlecht selbstgemacht, denn das ist es nicht. SAGA steht hervorragend auf eigenen Beinen und versprüht dazu noch eine Menge Kreativität und einen ganz eigenen Charme. Die Ursprünge lassen sich halt schwer von der Hand weisen und ein Rad zu finden, dass an einen Wagen passt, der noch nicht einmal gebaut wurde, wäre ein wenig zu viel verlangt. Irgendwie gab es irgendwo immer schon eine irgendwann bereits erzählte Geschichte, egal in welchem Medium… und in welcher weit, weit entfernten Galaxis.

Ein Käfig voller Helden… und Narren

Der gefeierte Autor Brian K. Vaughan, der auch für seine Comic-Serie „Paper Girls“ (gerechtfertigtes) Lob von allen Seiten erhält, brennt hier ein Sci-Fi-Feuerwerk ab, das sich gewaschen hat. Seine erdachte Welt ist dreckig und rau… und genauso ist die Sprache der Charaktere. Im Gossenjargon wird hier geflucht und beleidigt, was schon auf den ersten Seiten deutlich wird… und verdammt gut funktioniert. Irgendwie wirkt die Aussprache vertraut (zumindest für jeden, der schon mal länger als zehn Minuten durch die Fußgängerzone einer beliebigen Großstadt gelaufen ist… was schon wieder mehr als traurig ist), sorgte bei mir aber im ersten Moment für Verwunderung, da sich in ähnlichen Space Operas meist etwas hochtrabender artikuliert wird. Zumindest habe ich in „Star Wars“ oder ähnlichen Genre-Werken noch nie das böse „F“-Wort vernommen… und ich rede nicht von „Ficken“.

Besonders ist der zynische Humor hervorzuheben, der die toll geschriebenen Charaktere menschlicher macht. Beißend sitzt hier so gut wie jede Spitze. Auch die Charakterisierung der dunklen Seite gefällt besonders gut. Denn die Bösen sind nicht nur böse, sondern haben ebenfalls ihr Päckchen zu tragen. Der „Y – The Last Man“-Autor Vaughan lässt es sich nicht nehmen, auch hier mehrere Facetten aufzuzeigen und ist damit weit entfernt von simplen Schwarz/Weiß-Schablonen.

Zeichnerin Fiona Staples, die schon mit „North 40“, „DV8: Gods and Monsters“ und zahlreichen Cover-Artworks auf sich aufmerksam machte, läuft in SAGA zu Höchstform auf. Sie erschafft tolle, neue Welten und füllt diese mit Leben. Äußerst fantasievoll und mit schnellem, sicherem Strich, kommt hier ein Füllhorn von illustren Charakteren und außerirdischen Schöpfungen zum Vorschein. Die Farben sind stylish und kräftig, tragen aber nicht zu dick auf. So bleibt SAGA zwar angemessen bunt, rutscht aber nicht ins knallig Überzeichnete ab. Ein interessantes Interview mit der kanadischen Künstlerin findet sich im Anhang des ersten von (momentan) neun Bänden… und glaubt man den Machern, bilden diese erst die erste Hälfte der gesamten SAGA.

Fazit:

Ordentliche Gewaltspitzen, derbe Fäkalsprache, bissiger Humor und dennoch das Herz am richtigen Fleck. SAGA ist definitiv eine Space Opera der besonderen Art, der man sich als Comic-Fan oder Liebhaber toller und extrem kreativer Sci-Fi-Stories nur schwer entziehen kann. Schon nach dem ersten Kapitel war ich angefixt und konnte den Hardcover-Band aus dem Ludwigsburger Cross Cult Verlag nicht mehr aus der Hand legen. Jetzt reicht es aber auch, denn neben mir grinst mich schon Band 2 an…

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