Dune: Die Graphic Novel - Buch 1

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Marcel Scharrenbroich
7101

Comic-Couch Rezension vonMär 2021

Story

Die Vorlage ist ein Sci-Fi-Meisterwerk, auch wenn sie nicht unbedingt einsteigerfreundlich ist. Für die weiteren Bände halte ich mir noch etwas Freiraum bei der Punktevergabe.

Zeichnung

Modern. ZU modern… zumindest für „Dune“. Das ist – wie immer – eine Frage des persönlichen Geschmacks, jedoch konnte ich mich nicht (bzw. schwer) mit der bunten Inszenierung anfreunden.

Pop Art-Remix mit Sand im Getriebe

Würziger Wohnort

Spice. Eine bewusstseinsverändernde Droge. Produziert wird diese von den gigantischen Sandwürmern auf dem Wüstenplaneten Arrakis. Das Spice ist extrem süchtig machend und verändert die Augenfarbe der Konsumenten und beschert ihr einen bläulichen Glanz. Es verleiht hellseherische Fähigkeiten und wird von den sogenannten Navigatoren genutzt, um Schiffe der Gilde mit Überlichtgeschwindigkeit sicher durchs All zu lenken. Entsprechend hoch ist der Stellenwert des Gewürzes. Abgebaut wird es von riesigen Erntemaschinen, die stets vor Angriffen der Sandwürmer gewappnet sein müssen. Sollte es brenzlich werden, kommen im Idealfall die fliegenden Carryalls zum Einsatz, um die Spice-Sammler aus dem brenzligen Gebiet zu fliegen.

Herzog Leto Atreides, Oberhaupt eines der mächtigen Häuser, lebt mit seiner Gefolgschaft auf dem Planeten Caladan. Ein Wasserplanet und das genaue Gegenteil von Arrakis, wo lebensnotwendige Flüssigkeit Mangelware ist. Doch ausgerechnet nach Arrakis soll es Leto und sein Haus verschlagen. Imperator Shaddam IV übertrug dem Herzog die Kontrolle über den Wüstenplaneten, was besonders Letos Sohn Paul vor eine große Herausforderung stellt. Mit Wehmut lässt er seine geliebte Heimatwelt hinter sich. Die Ankunft von Leto, Paul und Lady Jessica, einer übersinnlich begabten Konkubine der Bene Gesserit-Schwesternschaft und Mutter von Paul, auf Arrakis wird nicht nur von den einheimischen Fremen argwöhnisch betrachtet. Auch das verfeindete Haus Harkonnen sieht es gar nicht gerne, dass Atreides seine Nachfolge antritt. Auf Giedi Primus, der Heimatwelt des Hauses, schmiedet dessen Oberhaupt, Baron Vladimir Harkonnen, bereits finstere Pläne.

Kurz vor der Abreise in die neue, staubige Heimat, musste sich Paul Atreides einer Prüfung stellen. Die Ehrwürdige Mutter, Lady Jessicas ehemalige Lehrerin an der Bene Gesserit-Schule, unterzog ihn eines Tests, um herauszufinden, ob er der Kwisatz Haderach sei… ein perfekter männlicher Nachkomme, dessen seherische Kräfte die Fähigkeiten der Ehrwürdigen Mütter bei weitem übersteigen könnte. Und kaum auf Arrakis angekommen, trachtet man Paul bereits nach dem Leben. Im Haus des Herzogs scheint es einen Verräter zu geben…

Teil des Ganzen

Wer hier als „Dune“-Neuling in Frank Herberts (1920 – 1986) Welt einsteigt, die der visionäre Schriftsteller bereits Mitte der 60er-Jahre mittlerweile millionenfach an die weltweiten Leserinnen und Leser brachte und noch immer bringt, könnte sich schnell überfordert fühlen. Action sucht man weitestgehend vergebens, da die Graphic Novel-Adaption auf drei Bände angelegt ist und dementsprechend erst langsam aus dem Quark kommt. Dafür hält man sich recht adäquat an den ursprünglichen Stoff, welcher als Wüstenplanet-Zyklus zwischen 1965 und 1985 in insgesamt sechs Büchern erzählt wurde. „Dune“ ist mit Sicherheit nicht als Einsteiger-Science-Fiction gedacht und erzählt sich deutlich komplexer als so manche Space Opera. So kann es durchaus etwas dauern, bis man sich mit den zahlreichen Charakteren, Planeten, Völkern und der gesamten Prämisse warmgelesen hat. Mit durchaus vertrauten Themen, wie Feminismus, ökologischen Veränderungen, Religion, dem Voranschreiten der Technik und politischem Kräftemessen, kann „Dune“ nicht nur als Kind seiner Zeit bezeichnet werden, sondern erscheint durch seine gesellschaftlich brisanten Themen aktueller und relevanter denn je. Sehr viele Faktoren fließen in Herberts Gesamtwerk ein, was die Story greifbar macht und von abenteuerlichen Sci-Fi-Märchen wie „Star Wars“, die für gute zwei Stunden aus der Realität in fremde Welten entführen, abhebt.

Tatsächlich ließ George Lucas sich für seine Sternensaga von den Bestsellern inspirieren. 1977, als Lucas mit „Eine neue Hoffnung“ das Sci-Fi-Genre filmisch aus den Angeln hob, war eine „Dune“-Verfilmung noch Zukunftsmusik… zumindest eine Verfilmung, die letztendlich auch das Licht der Welt erblickt. Diese entstand nämlich erst 1984 unter der Regie von David Lynch („Eraserhead“, „Twin Peaks“, „Blue Velvet“). Lynch schlug dafür sogar das Regie-Angebot von George Lucas aus, der ihm den Posten zur Inszenierung von „Die Rückkehr der Jedi-Ritter“ anbot. Also DEN Film hätte ich gern gesehen: Wahrscheinlich wäre am Ende die ganze Handlung der Trilogie nur ein Fiebertraum von R2-D2 gewesen und Yoda wäre in einem kleinen roten Anzug rückwärts durch einen ebenso roten Todesstern getänzelt. Man wird es nie erfahren… Was man jedoch erfahren hat, war, dass Lynchs „Dune - Der Wüstenplanet“ an den Kinokassen reichlich Schiffbruch erlitt. Weitere, bereits geplante Fortsetzungen waren damit vom Tisch, was man so oder so sehen kann. „Dune“ war dabei kein filmischer Totalausfall, gewiss nicht. Und an den Darstellern hat es ebenfalls nicht gelegen. Lynchs Haus-und-Hof-Akteur Kyle MacLachlan, Jürgen Prochnow, Patrick Stewart, Linda Hunt, Dean Stockwell, Virginia Madsen, Sean Young, Sting und Max von Sydow sprechen da eine andere Sprache. Vielmehr haben es das überschaubare Budget und das produzierende Studio vergeigt. Lynch konnte viele angedachte Szenen aus Kostengründen nicht realisieren und in die endgültige Schnittfassung wurde ihm ebenfalls von höherer Stelle reingequatscht. So wurden ursprünglich fünf Stunden Material auf rund zwei Stunden heruntergekürzt, was einer epischen Vorlage einfach nicht gerecht werden kann. Da half auch keine künstlich aufgeblähte TV-Fassung, von der David Lynch sich jedoch distanzierte. Dennoch finden sich in der Graphic Novel-Adaption Parallelen zum Film. Angefangen bei einem eigenwilligen Design, welches den Film zwar nicht 1:1 kopiert, sich aber in manchen Details an diesem orientiert, bis zu den geschriebenen Gedankengängen der Protagonisten, die in die Verfilmung akustisch eingebunden wurden.

Einem dürfte das damalige Kassengift allerdings ein Lächeln ins Gesicht gezaubert haben. Und zwar dem Filmemacher und Comic-Autoren Alejandro Jodorowsky („El Topo“, „Santa Sangre“). Für den Chilenen war „Dune“ nämlich schon Anfang der 70er-Jahre ein Herzensprojekt, in welches er Blut, Schweiß und Tränen investierte. Es sollte das ambitionierteste Filmprojekt überhaupt werden. Für das Storyboard konnte er Comic-Legende Jean „Moebius“ Giraud (1938 – 2012) gewinnen, der insgesamt dreitausend(!) Zeichnungen anfertigte. Diesen Brocken epischen Ausmaßes schickte Jodorowsky an alle großen Filmstudios, in der Hoffnung, auf reges Interesse zu stoßen. Mit dem Storyboard-Unikat konnte er auch Begeisterung hervorrufen, investieren wollte jedoch niemand. Es war geplant, dass sogar der spanische Maler Salvador Dalí (1904 – 1989) einen hochbezahlten Mini-Auftritt haben sollte. Ebenso Orson Welles (1915 – 1985). Neben dem Illustrator Chris Foss und dem Schweizer „Alien“-Designer HR Giger (1940 – 2014) heuerte der Regisseur den Effekt-Spezialisten Dan O’Bannon (1946 – 2009) an, während der Soundtrack von Pink Floyd beigesteuert werden sollte. Damit wären jegliche Rahmen gleich mehrfach gesprengt worden. Aus heutiger Sicht scheiterte das Projekt letztendlich an Peanuts, da selbst Einzelfolgen von TV-Serien mittlerweile ein höheres Budget verbraten… aber wir reden hier von anderen Zeiten. Noch heute liegen die Bücher in den zahlreichen Studio-Safes. Und wenn man mal ein wenig recherchiert (oder sich die Doku „Jodorowsky’s Dune“ aus dem Jahr 2013 anschaut), wird man sehen, dass Motive aus dem unverfilmten Drehbuch in so gut wie jedem erfolgreichen Sci-Fi-Film seit den späten 70ern zu finden sind. Somit existiert Jodorowskys Vision in unzähligen Einzelteilen… verteilt auf ebenso unzählige Blockbuster.

Da ist der Wurm drin…

Sogar wortwörtlich! Natürlich darf ein Auftritt der gewaltigen Sandwürmer nicht fehlen, aber da liegt nicht der Hase im Pfeffer. Dieser gehört zweifelsohne zu den optischen Highlights des Bandes und bekommt direkt eine detaillierte Doppelseite spendiert. Mein Problem ist der Stil an sich. Schaut man sich das Frontmotiv an, gemalt vom großartigen Bill Sienkiewicz („Moon Knight“, „Elektra: Assassin“), stellt sich beim Blick ins Buch schnell Ernüchterung ein. Raúl Allén und Patricia Martín zeichnen sehr clean und statisch. Mir fehlt das dreckige und rohe. Die schwarzen Outlines scheinen die Bilder am Ausbrechen zu hindern. Somit passt der sterile Hochglanz-Look für mich vielleicht eher zu „Star Trek“, aber nicht zu „Dune“. Dabei sind die Zeichnungen nicht hässlich oder ähnliches, jedoch zu modern und durch die poppig-bunte Kolorierung zu sehr künstlich auf „Retro“ gebürstet.

Cover-Artist Sienkiewicz hat es da 1984 um einiges authentischer gemacht. Damals war er nämlich Zeichner der „Dune“-Comic-Adaption zum Film, welche bei MARVEL erschien (1985 dann als dreiteilige Heft-Reihe). Comics zu potentiellen Blockbustern waren schon früher Gang und Gäbe, kamen jedoch oft über „schnell hingerotzt“ nicht hinaus. „Dune“ war da ein leuchtendes Beispiel, was ich sehr gerne auch in der aktuellen Roman-Adaption von Brian Herbert (Frank Herberts Sohn, der das Erbe seines Vaters mit seinem Autoren-Kollegen antrat und „Dune“ mit weiteren Geschichten am Leben hielt) und Kevin J. Anderson gesehen hätte.

Corona ist ein Arschloch!

In mehrerlei Hinsicht: Dabei rede ich nicht mal von den tragischen Verlusten, Krankheitsverläufen oder noch nicht absehbaren Langzeitfolgen. Auch nicht vom planlosen Hin und Her der Regierenden und entsprechenden Pannen oder dem ächzenden Einzelhandel, der vor lauter Auf und Zu komplett im Regen steht. All dies könnte (und wird es mit Sicherheit auch einmal) ganze Bücher füllen. In diesem konkreten Fall rede ich aber von der Kultur-Branche. Künstler dürfen nicht auftreten, Museen bleiben geschlossen, Bücher dümpeln unveröffentlicht in Warteschlangen und Studios sitzen (sollten sie nicht auf Streamingdienste ausweichen) auf ihren multi-millionen Blockbustern. Während Disney+ und HBO Max sich die Hände reiben, schauen Kinobetreiber und zahlungswillige Leinwand-Zuschauer in die Röhre. Neben der x-ten Verschiebung von Daniel Craigs letztem 007-Auftritt, MARVELs „Black Widow“, „Morbius“ und „The Eternals“, „Ghostbusters: Legacy“ und dem neusten Trip in die „Matrix“, hat man auch vergeblich auf die Neuverfilmung von „Dune“ gewartet. Und ausgerechnet der hingefurzte „Tenet“ sollte den Kino-Sommer 2020 retten… was für eine Tragödie.

Nachdem ein erster „Dune“-Trailer im Herbst 2020 bereits positives Feedback bekam, fiebern nun Fans weltweit der Premiere entgegen. Laut jetzigem Stand (31.03.2021) soll der erste Film, der die Hälfte des ersten Romans abdecken soll, ab dem 1. Oktober sowohl in den amerikanischen Kinos als auch parallel via HBO Max zu beziehen sein. Ein deutscher Kinostart soll (ohne Gewähr) bereits am 30. September erfolgen. Ob es - wie bei „Wonder Woman 84“ oder dem grenzgenialen „Zack Snyder’s Justice League“ (Ja, er ist wirklich um Welten besser als das klägliche Schnitt-Stakkato von Ersatz-Regisseur Joss Whedon!) - gleichzeitig auch eine Auswertung über Sky geben wird, steht freilich noch in den Sternen. Wer kann heute schon sagen, was morgen aktuell ist? Nie passte dieser Satz besser… leider…

Verantwortlich für die „Dune“-Neuverfilmung ist der kanadische Filmemacher Denis Villeneuve. Villeneuve verdanken wir bereits großartige Kinostunden, denn er war verantwortlich für den genialen Thriller „Prisoners“, „Sicario“, „Arrival“ und dem deutlich unterbewerteten „Blade Runner 2049“. Ein prallgefüllter A-List-Cast, bestehend aus Timothée Chalamet („Call Me by Your Name“), Rebecca Ferguson („Doctor Sleeps Erwachen“), Josh Brolin („No Country for Old Men“, „Deadpool 2“), Zendaya („Spider-Man: Homecoming/Far from Home“, Jason Momoa („Aquaman“, „Game of Thrones“), Oscar Isaac („Ex Machina“, Poe Dameron in „Star Wars“), Dave Bautista („Guardians of the Galaxy“), Charlotte Rampling („Swimming Pool“, „45 Years“), Stellan Skarsgård („Thor“, „Nymphomaniac“, „Chernobyl“) und Javier Bardem („Biutiful“, „Skyfall“, „Mother!“), wirft bereits erwartungsfreudige Schatten voraus.

Fazit:

„Dune: Die Graphic Novel“ ist gut. Gut, aber nicht sehr gut, was vielleicht auch an einer zu hohen Erwartungshaltung meinerseits lag. Der künstlerische Stil ist gewöhnungsbedürftig und erscheint mir persönlich der Story, die über jeden Zweifel erhaben ist, nicht gerecht. Zwar läuft die Geschichte im Auftakt noch etwas auf Sparflamme, was sich mit den weiteren Bänden aber ändern wird… sollte man der Vorlage weiterhin so treu folgen.

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