Film:
Brightburn
von Nina Pimentel Lechthoff (11.2019) / Titelbild: Boris Martin © 2019 CTMG, Inc.
Was wäre, wenn...
Ist es ein Flugzeug? Ein Vogel? Nein, es ist Super… äh, Brightburn!
Ein kinderloses Ehepaar, das irgendwo im Mittleren Westen von Amerika eine kleine Farm betreibt, findet eines Tages ein Baby in den Trümmern eines außerirdischen Raumschiffs in eine Decke gehüllt und entschließt sich, das Baby wie ihr eigenes Kind aufzuziehen. Das Baby wächst zu einem gesunden Kind heran, doch als es ins Teenageralter kommt, bemerkt der Knabe langsam aber sicher, dass er nicht so ist wie die anderen an seiner Schule. Da sie es nicht länger verheimlichen können und wollen, erzählen seine Eltern davon, dass er wahrscheinlich nicht von der Erde stammt und zeigen ihm das Wrack, das sie in ihrer Scheune versteckt haben.
Bis hierhin, so bekannt. Die Origin-Story von Superman wurde schon etliche Male erzählt, egal ob in Comics, Filmen oder Fernsehserien. Doch „Brightburn“ ist keine Superman-Story. Das Baby heißt Brandon, seine Adoptiveltern Tori und Kyle Breyer, seine Heimatstadt ist Brightburn. Während Clark durch seine Menschlichkeit zum Superhelden wurde, verliert Brandon seine immer mehr. Ob seine Eltern es schaffen werden, Brandons Entwicklung zum psychopathischen Übermenschen zu verhindern?
I’m a bad guy
Wer einen Superheldenfilm à la „Avengers“ sehen will, wo der Protagonist mit übermenschlichen Fähigkeiten seinen bösen Gegenspieler ein paar aufs Maul haut, ist hier falsch. Auch wenn der Protagonist von „Brightburn“ tatsächlich übermenschliche Kräfte hat, nutzt er diese nicht für das Gute. Ähnlich wie einige Superhelden setzt er diese für eigennützige Zwecke ein, wie zum Beispiel seinen Schwarm des Nachts zu besuchen. Doch was bei einem Spider-Man oder Superman vielleicht als süße, romantische Geste gelten würde, ist in „Brightburn“ der blanke Horror. Brandon bricht seinem Schwarm Caitlyn die Hand, und als er sie nicht mehr sehen darf, fliegt er zu ihr ins Zimmer und erschreckt sie zu Tode.
Das interessante an der Machart des Films ist, dass man sowohl Brandons Sicht zu sehen bekommt, wie die der Menschen um ihn herum. Anders als in anderen Horrorfilmen steht das Monster im Fokus der Erzählung. Nach und nach erkennt Brandon, was er kann und nutzt das aus, um seinen Willen durchzusetzen. Als Zuschauer sympathisiert man erst mit diesem etwas schüchternen, seltsamen Außenseiter, der es so schwer hat, seine eigene Identität zu finden und damit zurechtkommen muss, ein Außerirdischer zu sein. Irgendwann sind aber alle Sympathien verflogen und ab da wird „Brightburn“ zum richtigen Horrorfilm, mit Jumpscares, flackernden Lampen und entsetzten, fliehenden Menschen. Und mit viel, viel Blut und Splatter. Man muss schon einen starken Magen haben, denn einige Szenen sind echt brutal.
Was ich dem Film sehr hoch anrechne ist, dass er nicht vorhersehbar ist. Zwar gibt es die eine oder andere Situation, die man aus dem Horrorgenre kennt, oft werden diese aber gekonnt – und überraschend – gewendet. Das Ende hat mich schon sehr überrascht und begeistert.
Eine Familiengeschichte gone wrong
„Brightburn“ ist ein sehr gelungener Mix aus Superhelden-Origin-Film und finsterem Horror. Was er aber vor allem ist, ist ein Familiendrama. Der Film nimmt sich Zeit, die Entwicklung von Brandon vom glücklichen Kind zum sich verändernden Teenager bis hin zur schrecklichsten Version seiner selbst zu zeigen. Dabei wird ein besonderer Fokus auf das Verhältnis zwischen Brandon und seiner Mutter Tori gelegt. Sie wird gespielt von Elizabeth Banks, die eigentlich für ihre komödiantische Seite bekannt ist. Ihre Rolle in „Brightburn“ hat aber viele dramatische Seiten, die Banks sehr gut meistert.
Vor allem der Wechsel zwischen besorgte Mutter, die mit ihrem Sohn überfordert ist, die Liebe, die sie für ihn empfindet, und der schieren Angst, die sie vor ihm hat, schafft Banks meiner Meinung nach mühelos. Das ist bei David Denman, der den Familienvater Kyle spielt, etwas anders. Bei Kyle schwankt sie eher zwischen Überforderung und Angst, Liebe bringt Denman meiner Meinung nach nicht allzu gut rüber. Was ein Stück weit daran liegt, dass die Vater-Sohn-Beziehung von Anfang an nicht so innig ist wie die von Tori zu ihrem außerirdischen Satansbraten. Denman hat deswegen aber nicht allzu viel zu tun.
Dafür hat Brandon-Darsteller Jackson A. Dunn eine Menge zu tun – was nicht allzu gut funktioniert. Zwar habe ich ihm den verängstigten Teenager abgenommen, das Problem ist aber seine finstere Seite. In seiner vollen Montur mit Maske und Umhang ist Brandon zwar schon unheimlich, ohne Maske ist der Gesichtsausdruck von Dunn aber eher bemüht als wirklich bedrohlich. Die Bedrohung kommt erst durch die Superkräfte.
Fazit:
Ich hatte sehr viel Spaß mit „Brightburn“. Der Mix aus Horror und Superman-Lore hat mir sehr gut gefallen, da die „Was wäre, wenn“-Frage sehr schön ausgearbeitet wurde. Mein Highlight ist Elizabeth Banks als verzweifelte Mutter, die zwischen die Liebe zu ihrem Sohn und der Angst vor dem Monster in ihm hin- und hergerissen ist. Man muss aber schon etwas abkönnen, denn es gibt viele Splatter-Szenen, die wirklich unangenehm sind. Was mir an „Brightburn“ nicht so gut gefallen hat, ist die Schauspielleistung von Jackson A. Dunn. Trotzdem kann ich Superhelden-Fans den Film „Brightburn“ wirklich empfehlen, nur etwas (viel) Blut sollte man sehen können.
Wertung: 8
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