Ein markerschütternder Aufschrei aus den Tiefen des Waldes
Ein atmosphärischer Horrorschocker der es in sich hat: Sailor ist ein unsicheres, schüchternes Mädchen. In der Schule wird sie von ihren Mitschülern drangsaliert und hat Schwierigkeiten ihren Platz im Leben zu finden. Eines Tages trifft sie sich mit ihrer Widersacherin Annie im Wald um die Umstände endgültig zu klären. Die Situation eskaliert und ihre Konkurrentin verschwindet auf mysteriöse Weise in den Tiefen der Wälder. Nach diesem Ereignis ist Sailor nicht mehr dieselbe. Während Sailor der Meinung ist, dass Etwas aus dem Wald gekommen sei und Annie geholt hat, glauben die Menschen um sie herum, dass sie etwas mit dem Verschwinden zu tun hat.
Ihre Eltern schreiben Sailors Verhalten einem Trauma zu. So beschließen sie mit ihr einen Neuanfang zu wagen und ziehen in das alte Heimatdorf der Mutter. Doch die Probleme lassen nicht lange auf sich warten. Die Schüler meiden sie auch hier und seltsame Ereignisse häufen sich. Eines Nachts wird Sailor in ihrem Zimmer von einem Wesen angegriffen. Niemand glaubt ihr, dass es sich wieder um ein Wesen aus dem Wald handelt.
Die Situation spitzt sich zu. Sailor geht erneut in den Wald um sich ein für alle Mal von ihren Dämonen zu befreien. Doch diesmal ist sie es, die nicht aus den Schatten der Bäume zurückkehren soll. Voller Angst, es könne doch ein Funken Wahrheit an Sailors Geschichten sein, beginnt ihr Vater sie zu suchen. Doch der Wald ist tückisch. Vor allem wenn die Sonne hinter den dichten Tannen verschwindet und die Dunkelheit langsam durch die Sträucher kriecht. Spielte sich das Alles wirklich nur in Sailors Kopf ab?
Ein Schocker erster Klasse
Scott Snyder ist vielen Comicfans sicherlich ein Begriff. Vor allem hat er sich als Autor im Batman Universum einen Namen gemacht und den dunklen Ritter um ein paar Abenteuer bereichert. Hier erfreut er die Leser jedoch mit einem Horrorschocker erster Klasse. „Wytches“ bedient sich althergebrachten Horrorelementen, die auf eine neue Art erstrahlen.
Um Eines vorweg zu nehmen. Die Hexen gibt es wirklich. So hat man sie jedoch noch nicht gesehen. Sie sind eine Art uraltes Volk das uns Menschen in vielerlei Hinsicht überlegen ist. So haben sie die Gabe uns fast jeden Wunsch zu erfüllen. Allerdings erwarten sie eine Gegenleistung. Eine Art Pfand. Dieser Pfand ist, wie sollte es anders sein, menschlicher Natur und wird auf gekonnte Weise von den Feinschmeckern des Waldes im Kessel zubereitet. Als wahre Delikatesse gelten dabei kleine Kinder.
Genau dieses Motiv macht die Geschichte so reizvoll. Denn obwohl die Hexen existieren und sich von Menschenfleisch ernähren, sind doch eigentlich die Menschen die Monster, die ihre nächsten für ein klein wenig Glück verpfänden. Das holt den Horror sehr schnell aus den finsteren Wäldern in das heimische Wohnzimmer. Ein Stilmittel, das schon von vielen Horrorautoren erfolgreich genutzt wurde. So stellt sich raus, dass der nette Onkel der Werwolf ist, die süße Tochter wird zum Zombie und der Liebhaber offenbart sich als psychotischer Maskenmörder. In dieser Geschichte agieren die Täter eben nur indirekt. Dadurch baut sich eine Story auf die komplexer ist als zuerst angenommen. Das ist auch den gut entwickelten Charakteren zu verdanken, die der ganzen Geschichte die nötige Vielschichtigkeit geben.
Die Welt von „Wytches“ ist böse und verzerrt
Auch der Zeichner Jock ist vielen Lesern sicherlich bekannt (Batman, Wolverine). Selbst wenn man noch keinen Comic von ihm in der Hand hatte, kennt man seine Arbeiten vielleicht aus Filmen wie „Ex Machina“ oder „Dredd“. Hier war er als Concept Artist tätig. Sein Händchen für besondere Konzepte kommt auch in diesem Werk durch. Die Hexen sind detailliert ausgearbeitet und gleichen keinesfalls den Darstellungen die wir aus den Märchen kennen. Mit seinem herrlich losen Stil gibt er jedem Panel das gewisse Extra. Seine Zeichnungen sind dabei sehr rau und an den richtigen Stellen leicht überzogen. Das lässt die Welt von „Wytches“ böse und verzerrt wirken.
In Verbindung mit den Farben von Matt Hollingsworth zeigt jede Seite, dass die Macher verstehen, wie sie so eine Geschichte erzählen müssen. Wenn man dieses Buch in der Hand hält, hat man das Gefühl diese Geschichte wäre direkt auf einem vermodertem und von Pilzen befallenem Stück Holz aus dem Wald gedruckt worden.
Fazit
Nicht nur Stephen King bezeichnete dieses Buch als “Fabelhaft. Ein Triumph.“. Comicfans aus der ganzen Welt ließen sich von den Hexen in ihren Bann ziehen. Fans von Filmen wie „Blairwitch Project“ oder „The Hallow“ werden hier auf ihren vollen Genuss kommen. Aber auch Leser die sich sonst nicht so sehr für die dunklen Seiten der Comics begeistern können, bietet „Wytches“ ein erstklassiges Abenteuer. Selten ist ein Horrorcomic so packend. Erwähnenswert ist auch der Bonusteil dieses Comics der nicht zu knapp ausfällt. Neben einigen interessanten Geschichten die zu der Entstehung von „Wytches“ geführt haben, kann man sich hier auch die Skizzen und Arbeitsweise der Künstler ansehen. Freuen wir uns auf den zweiten Band. Ein rundum gelungenes Stück Comickunst. Gerne könnt ihr das Buch auch bei mir ausleihen. Ich brauche nur ein kleines Pfand...
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