Text:   Zeichner: Joe Benitez

Wraithborn - Redux

Wraithborn - Redux
Wraithborn - Redux
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Marcel Scharrenbroich
9101

Comic-Couch Rezension vonFeb 2021

Story

Flach, aber das macht überhaupt nichts. Teenagerin wird ungewollt zur Heldin. Hatten wir schon mehrmals, fanden wir mehrmals gut… warum sollte es jetzt anders sein?

Zeichnung

Ein Action-Fest für Freunde handfester Fantasy-Keilereien. Überzogene Muskeln und überdehnte Kurven geben sich die Klinke in die Hand, was selbsternannten Sittenwächtern vielleicht die Röte ins Gesicht treiben könnte.

Von der Schulbank in den Krieg gegen die Unterwelt

In der Not…

…frisst der Teufel fliegen. Dieses Sprichwort wäre hier auf den ersten Blick ebenfalls angebracht, doch manchmal findet auch ein blindes Huhn ein Korn. So ergeht es in diesem Beispiel Aegeus, seines Zeichens Hüter der geheimnisvollen Macht namens Wraithborn. Als Mitglied des geheimen Ordens Zanshin, der unsere Welt vor den Mächten der Finsternis beschützt, jagt er Dämonen und anderes Viehzeug, das aus den Tiefen der Unterwelt an die Oberfläche gekrochen kommt. Eigentlich sollte Aegus die Kraft des Wraithborn in einem feierlichen Ritual an seinen erwählten Nachfolger Valin weitergeben, doch die finsteren Schergen der Dämonenwelt machen ihm einen Strich durch die Rechnung. Zu nächtlicher Stunde entbrennt auf einem Friedhof in Marinette ein tödlicher Kampf zwischen den verfeindeten Fraktionen. Genau zu dieser Zeit besucht die Teenagerin Melanie Moore das Grab ihrer Mutter…

Melanie, eine schüchterne Highschool-Schülerin, kümmert sich seit dem Tod ihrer Mutter sorgevoll um ihren Dad, den sie keineswegs auch noch verlieren möchte. In der Schule fliegt sie für die meisten Mitschüler unter dem Radar und landet zwischen kurvigen Cheerleadern und breitschultrigen Football-Spielern höchstens durch tollpatschige Zwischenfälle kurzzeitig auf deren Bildfläche. Freunde hat das Mädchen keine. Höchstens die flippige Zoe, mit der Melanie in einem Buchladen im Einkaufszentrum jobbt, würde annähernd in diese Kategorie fallen. Während ihres nächtlichen Spaziergangs über den Friedhof stolpert Melanie ungewollt in den Kampf zwischen dem Zanshin-Hüter und einer Horde Dämonen. Schwer verletzt und dem Tode nahe sieht Aegus keine andere Möglichkeit mehr, die Macht des Wraithborn weiterzugeben, und erwählt kurzerhand die überforderte Teenagerin, die gar nicht weiß, wie ihr geschieht.

Als Melanie am nächsten Morgen in ihrem Bett erwacht, hält sie die jüngsten Ereignisse noch für eine Ausgeburt ihrer Fantasie. Einen - zugegeben recht lebhaften - Albtraum. Das ändert sich schon bald, denn seltsame Kreaturen lassen sie an ihrem Verstand zweifeln. Überraschenderweise ist Zoe vertraut mit solchen Sichtungen, da ihre Großmutter extrem bewandert im Bereich des Übersinnlichen ist und sogar einen kleinen Laden für allerlei okkulte Dinge führt. Noch weiß Melanie nicht, dass sie die Hilfe der beiden bald bitter nötig haben wird, da die Jagd auf sie bereits eröffnet ist. Die finstere Brijit hat sich aus den Untiefen erhoben, um den Wraithborn für sich zu beanspruchen. Die Kraft soll sie noch mächtiger werden lassen, was in Anbetracht dessen, dass die unbändige Energie nun in einem Mauerblümchen von Schülerin steckt, ein leichtes Unterfangen werden soll. Wird es nicht. Die Zanshin-Bruderschaft hat nämlich ebenfalls Wind von der ungewollten Hüterin bekommen und ihren besten Mann losgeschickt, um Melanie und den Wraithborn zu schützen: Valin.

Director’s Cut

Was der SPLITTER Verlag hier vollständig - und im Anhang mit einigen Variant-Cover-Abbildungen - in ein toll designtes Hardcover im Bookformat gezaubert hat, geht auf die Wiederveröffentlichung von Joe Benitez‘ Frühwerk zurück, für welches der „Lady Mechanika“-Schöpfer (die Reihe läuft ebenfalls bei SPLITTER) rund 20 neue Seiten anfertigte. Mit dem zugefügten Beinamen „Redux“ lässt er den alten WILDSTORM-Klassiker in neuem Glanz erstrahlen, was erzählerisch nicht nur ihm und seiner Co-Autorin Marcia Chen zu verdanken ist, sondern auch Benitez‘ brachialem Zeichenstil. WILDSTORM war seinerzeit ein Imprint des DC Verlags, welcher „Wraithborn“ ab November 2005 in 6 US-Heften in den Handel brachte. Bevor die Rechte an den Schöpfer zurück gingen, veröffentlichte PANINI 2009 einen deutschen Sammelband, da dem Verlag für den europäischen Markt ja bekanntlich die Exklusivrechte an DC COMICS und Veröffentlichungen aus deren Imprints (WILDSTORM, VERTIGO etc.) zustehen. Nachdem die Creator-Owned-Reihe wieder in die Hände von Joe Benitez ging, machte dieser sich an die „Redux“-Fassung, die 2016 ebenfalls in 6 Ausgaben in seinem hauseigenen Verlag BENITEZ PRODUCTIONS den Weg in den Handel fand. Da die Karten somit neu gemischt waren, war der Weg für SPLITTER frei, da Benitez‘ „Lady Mechanika“ für den Bielefelder Verlag ebenfalls ein erfolgreicher Glücksgriff war.

Action satt!

Obwohl „Wraithborn“ erzählerisch durchaus offensichtliche Anleihen beim damaligen TV-Hit „Buffy - Im Bann der Dämonen“ hat, der kurz vor und nach der Jahrtausendwende einen regelrechten Mystery/Action-Hype auslöste, macht die Story extrem viel Spaß. Sie erfindet das Rad nicht neu, atmet aber durch und durch 90er-Luft, wo Comics wie „Witchblade“ und der daraus entstandene „The Darkness“ neben den Superhelden von MARVEL und DC die Comic-Charts dominierten. Neben der sympathischen Protagonistin, die durchaus Identifikationspotential besitzt, stehen ganz klar die Zeichnungen im Vordergrund. Joe Benitez fährt dafür schwere Geschütze auf und lässt es beinahe auf jeder Seite richtig knallen. Eine stylishe Action-Orgie, bei der blutspritzend Dämonen filetiert werden und bis zur Schmerzgrenze gepost wird. Kurvenreiche Körper und wilde Verrenkungen bei atemlosen Kämpfen. Fast auf jeder Seite werden die Panels gesprengt, was immer wieder zu einem ausschweifenden Blick auf das Gesamtbild einlädt. Dabei sind die Zeichnungen extrem detailliert, sodass man durchaus länger auf einer Seite verweilen möchte. Farblich gibt es ebenfalls nichts zu beanstanden. Studio F, Mike Garcia und Sabine Rich haben sehr stimmig abgeliefert.

Fazit:

Empfehlenswert für Fans von „Buffy the Vampire Slayer“, „Underworld“ und 90er-Jahre Comics wie „The Darkness“, „The Magdalena“ oder „Witchblade“. Joe Benitez‘ Director’s Cut seines Frühwerks ist cool, sexy, mega-stylish und randvoll mit brachial-brutaler Fantasy-Action.

Wraithborn - Redux

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