Text:   Zeichner: Filipe Andrade

The Many Deaths of Laila Starr

The Many Deaths of Laila Starr
The Many Deaths of Laila Starr
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Marcel Scharrenbroich
9101

Comic-Couch Rezension vonNov 2023

Story

Tod lebt... und stirbt... und lebt... und stirbt. Äußerst kurios, aber unglaublich mitreißend und bewegend.

Zeichnung

Harmonisch und toll arrangiert. Die beiden Macher scheinen perfekt eingespielt.

Sterben für Fortgeschrittene

„Ich habe Millionen am Anfang ihres Lebens getötet.“

Wer kann das schon von sich behaupten? Höchstens vielleicht… der Tod persönlich. So ist es. So ungern wir es auch hören, aber der Tod ist ein Teil des Lebens. Und wie wir es auch drehen und wenden, irgendwann werden wir ihm – oder besser gesagt ihr – auch entgegentreten müssen. Es sei denn…

In der „Chefetage“, also ganz, ganz oben, herrscht Aufregung. Auf der Erde bahnt sich nämlich etwas Großes an. Es steht die Geburt eines Jungen bevor, der im Laufe seines Lebens die Unsterblichkeit entdecken wird. Und was macht Gott? Das, was jeder Chef tut, der ein strukturiertes und ebenso erfolgsorientiertes Unternehmen leitet: er rationalisiert die überflüssige Stelle einfach weg. Ja, Tod bekommt ihre Kündigung. Sie soll ihr Dasein als ungewollte Frührentnerin auf der Erde verbringen. Nicht nur unter Sterblichen, sondern ALS Sterbliche. Kann ein Arbeitstag beschissener laufen?

Tod landet im Körper der jungen Laila Starr, welche zuvor in Mumbai auf einer Party ihr viel zu kurzes Leben beendete. Auf einer Party stürzte oder sprang – die Aussagen der schockierten Partygäste gehen da etwas auseinander – sie in die Tiefe. Ärzte kämpften vergeblich um ihr Leben… bis Tod die Sache übernahm. Im Körper der jungen Frau hat sie jedoch eine bestimmte Aufgabe. Vor ihrer Abberufung aus dem Himmelsreich konnte sie ihre Ankunft auf der Erde so planen, dass sie just in dem Moment eintrifft, in dem der kleine Darius das Licht der Welt erblickt. Jener Junge, der irgendwann das Rätsel der Unsterblichkeit lüften wird.

Laila hat es sich zur Aufgabe gemacht, den Jungen zu finden. Und dessen Schicksal in die eigenen Hände zu nehmen. Noch ahnt sie allerdings nicht, dass dieses Unterfangen zu einer Lebensaufgabe werden wird.

Mit dem Herzen dabei

Ich kann es nur immer wieder betonen, dass BOOM! STUDIOS eine ganz heiße Adresse für großartige Geschichten ist. Mit „The Many Deaths of Laila Starr“ hat der US-Publisher 2021 eine ebenso phantastische wie tiefgründige Mini-Serie veröffentlicht, die von zwei großartigen Künstlern geschaffen wurde.

Autor Ram V, bürgerlich Ramnarayan Venkatesan und aufgewachsen in Mumbai, wusste schon sehr früh, dass er einmal das Schreiben zum Beruf machen wollte. Spätestens, nachdem er in jungen Jahren Tolkiens „Der Herr der Ringe“ verschlang und als Dreizehnjähriger seine eigene Fantasy-Story verfasste. Zu Studienzeiten in Philadelphia waren es dann die Werke von Neil Gaiman („Sandman“) und Fábio Moon („Daytripper“), die seine Liebe zum Medium Comic wiedererweckten. Die seltsame Faszination vom Thema Tod hielt sich und begegnete ihm im Laufe der Jahre des Öfteren. In „The Many Deaths of Laila Starr“ ist der Tod nicht nur Kernthema, sondern auch Hauptfigur. Überraschenderweise ist die Geschichte aber nicht bedrückend oder gar düster-morbide, nein, sie zelebriert das Leben. Ich war unglaublich fasziniert von Ram Vs Blick auf das Leben. Auf das, was es lebenswert macht. Auf die Tiefgründigkeit abseits geradliniger Pfade. Und auf das, was Menschen menschlich macht. Beim Blick auf das Weltgeschehen fast schon ein utopisches Kunststück.

In dem portugiesischen Künstler Filipe Andrade hat Ram V den perfekten Partner-in-Crime gefunden, um seine Geschichte angemessen umzusetzen. Beide eint, dass sie genau wissen, wie man eine Story perfekt arrangiert. Ram V denkt schon beim Schreiben bildlich, während Andrade mit filmischem Verständnis und der entsprechenden Voraussicht an seine Zeichnungen geht. Daraus ergeben sich keine festgelegten Panel-Strukturen, sondern dem Tempo der Story folgende Kompositionen. So erkennt man als Leser genau, wo im Verlauf angezogen wird, und wo gedrosselt die Tragweite der Handlung zu spüren ist. Stilistisch ist das in einem abstrakten Realismus gehalten, der durch die intensive Farbgebung (unterstützt von Inês Amaro) noch einen warmen und zugleich surrealen Touch erhält.

Kunstvoll und voll Kunst

Der Einzelband von CROSS CULT enthält die komplette fünfteilige Mini-Serie und hat außerdem noch einige interessante Extras zu bieten. Neben dem Vorwort von Fábio Moon gibt es am Ende noch Nachworte der beiden Künstler, einen bebilderten Artikel aus dem Eisner-Award-prämierten digitalen Monatsmagazin „PanelxPanel“ (#47 von Juni 2021) sowie Artworks und Original-Cover der Einzelhefte von Filipe Andrade.

Wem es die Zeichnungen ebenfalls angetan haben, sollte sich mal auf dem US-Markt umschauen. Dort erschien im Sommer 2023 bei BOOM! STUDIOS die „Pen & Ink“-Edition des ersten Heftes. Diese Sonderreihe des Publishers legt den Fokus auf das Artwork. Erste Ausgaben erfolgreicher Veröffentlichungen kommen in unregelmäßigen Abständen zu schwarz-weißen Deluxe-Ehren, wie zuletzt „Something is Killing the Children“ oder auch „BRZRKR“.

Fazit:

Zwei preisgekrönte Künstler und ihr preisgekröntes Werk. „The Many Deaths of Laila Starr“ ist ein unglaublich lebensbejahender Comic, in dem der Tod im Mittelpunkt steht. Paradox? Vielleicht, aber sehr faszinierend und bewegend.

The Many Deaths of Laila Starr

Ram V, Filipe Andrade, Cross Cult

The Many Deaths of Laila Starr

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