Eine ansprechende Optik macht noch keine packende Geschichte.
Die Welt ist im festen Griff einer Seuche, das Ökosystem kollabiert. Forenhaye ist die letzte Bastion der Menschheit. Die Ressourcen zum Überleben aber sind ungleich verteilt. Während die Adeligen in der Oberstadt die Vorzüge reinen Wasser genießen, müssen die Menschen in den Wurzelbezirken unter deutlich härteren Bedingungen ums Überleben kämpfen. Billie, eine Tochter der Obersten, stellt sich gegen das hierarchische System. Doch auch in den Reihen der Adeligen gibt es Intrige und Verrat, um Machtpositionen zu erhalten.
Irgendwie … verwurzelt.
Gerät der Beginn des ersten Bandes der Trilogie noch düster, mysteriös und spannend, ist es dennoch mühsam richtig in die Geschichte zu finden. Sylvain Ferret wählt eine sperrige - nunja - zu verwurzelte Dramaturgie, bietet uns in immer nur kleinen Häppchen Einblicke in eine undurchsichtige Welt. Die Wechsel zwischen den unterschiedlichen Schichten in Talion ist sprunghaft, variierende Zeitebenen schaffen zusätzlich Verwirrung. Seinen Figuren lässt Ferret kaum Zeit, sich richtig zu entfalten. Dabei stehen gerade auch verschiedene Beziehungskonstellationen und ihre besondere Verflechtung in den Machtstrukturen von Talion im Vordergrund.
Das ist schade, denn eigentlich ist der düstere, in seinen verschiedenen Abschnitten monochrome anmutende Look, stimmig und atmosphärisch. Ferret variiert in seinen Bildern auch mit ungewöhnlichen Perspektiven und extremen Formaten der Panels. Mitunter geraten mir die aber etwas sehr kleinteilig. Mit feinem Strich werden Konturen und Details ausgearbeitet. Gut dosierte Actioneinlagen bringen Dynamik und Tempo in die Handlung. Hier punktet Ferret auch mit seinen knorrigen Mutanten. Denn die Eingriffe in das Ökosystem führen zu drastischen Veränderungen. Doch jemand schickt sich an, ein Heilmittel zu finden.
Wo die Zeichnungen noch insgesamt überzeugen können, wird im weiteren Verlauf der Geschichte dennoch nur leidlich Spannung aufgebaut. Erst spät fügen sich die Fragmente der Geschichte zu einem griffigeren Bild zusammen. Diese entpuppt sich als weniger tiefgründig, als zu vermuten wäre. Denn Ferret versteckt einen - bisher - recht einfachen Plot hinter bedeutungsschweren Dialogen und macht es uns Lesern unnötig kompliziert. Aber sicher werden hier die Folgebände auch noch einmal zusätzliche Facetten in die Handlung bringen, Talion und Forenhaye weiter zum Leben erwecken. Dann werden wir auch erfahren, ob mehr Gerechtigkeit Einzug erhält oder wieder ein Leben in Einklang mit der Natur möglich ist.
Fazit:
Am Ende steht eine unausgewogene Mischung aus Cyberpunk, Science-Fiction und Gothic-Abenteuer mit sozioökologischer Botschaft. Leider ist der Auftakt der Dystopie trotz ansprechender Optik nicht mitreißend inszeniert und unnötig kompliziert erzählt.
Sylvain Ferret, Sylvain Ferret, Splitter
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