Spider-Man und Black Cat: Das Böse in dir

Spider-Man und Black Cat: Das Böse in dir
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Marcel Scharrenbroich
9101

Comic-Couch Rezension vonJun 2020

Story

Düstere Abgründe am MARVEL-Himmel. Autor Kevin Smith legt den Finger tief in die Wunde… und porkelt schmerzhafte Erinnerungen heraus.

Zeichnung

Kräftige und butterweiche Outlines und ein schönes Spiel mit Licht und Schatten. Spätere Werke von Dodson sind aber optisch noch stärker.

Alte Wunden

Treffen mit der Ex…

…können in die eine Richtung verlaufen, oder in die andere. Entweder man ist sich spinne(HA!)feind, wechselt kein Wort, ignoriert sich vielleicht sogar… oder geht freundschaftlich miteinander um, hat die Trennung im Idealfall verdaut, oder es tritt sogar der seltene Fall ein, dass es noch mal knistert. Vorhersehen lässt sich sowas wohl nie. So ist es auch bei Spider-Man und seiner Ex-Flamme Felicia Hardy, auch bekannt als Black Cat. Diese hat das hautenge Kostüm schon vor längerer Zeit an den Nagel gehängt und residiert aktuell in Los Angeles. Das Verschwinden einer alten Freundin führt sie allerdings zurück in den Big Apple.

Dort verfolgt der Wandkrabbler aktuell einige Drogen-Dealer. Nachdem ein Highschool-Schüler an einer Überdosis starb, obwohl er zuvor nie mit irgendwelchen illegalen Substanzen in Berührung gekommen zu sein scheint, rätselt nicht nur die Polizei, wie der Müll in dessen Blutbahn gelangt ist. Nach einer kurzen aber exzessiven Verfolgungsjagd durch New Yorks Häuserschluchten, kann Spider-Man einen kleinen Fisch dingfest machen und nach allen Regeln der (Überredungs)kunst ausquetschen. Der Dealer erzählt von einem mysteriösen Händler namens Mr. Brownstone und dass er den toten Schüler einem Film-Star vorstellte, der womöglich mit der Überdosis des Jungen in Verbindung steht. Nach kurzer Recherche – den Klatsch-Portalen im Netz sei Dank – stößt Spidey auf den angesagten Schauspieler Hunter Todd. Neben Highschool-Schülern scheinen es dem Promi auch Models angetan zu haben. Angeblich läuft was zwischen ihm und Laufsteg-Schönheit Tricia Lane. DER Tricia Lane, wegen der Felicia Hardy in Gefilden ihres Ex-Freunds Peter Parker wildert… Nur verständlich, dass sich ihre Wege schon bald kreuzen.

MARVELs Abgründe…

…können ebenso tief sein, wie die von der DC-Konkurrenz. Obwohl dem Haus der Ideen oft nachgesagt wird, dass ihre Stories farbenfroher und generell leichter zu verdauen sind, als die düsteren Welten des DC-Universums, kann man dies vielleicht auf die Filme der beiden Comic-Riesen projizieren, aber nicht unbedingt auf die gedruckten Geschichten. Mark Millars und Steve McNivens „Old Man Logan“, „Kravens letzte Jagd“, die „Dark Phoenix Saga“, die „Dämon aus der Flasche“-Storyline, die sich mit Tony Starks Alkoholismus befasste… all dies sind bei weitem keine leicht verdaulichen Stoffe für die ganze Familie, sondern Paukenschläge in Panel-Form. „Das Böse in dir“ reiht sich nahtlos in die Riege der finsteren Erzählungen ein. Kein Wunder, geht es doch hier um harte Themen wie Missbrauch, Schuld und Rache. Krachen solche Zutaten über den Leser herein, bekommt auch die überdrehteste Comic-Story einen bitteren Schuss Realität verpasst, der sie in ein ganz anderes Licht rücken kann. Die anfängliche Leichtigkeit verfliegt schnell und auch Spidey, der für die jubelnden Massen immer einen flotten Spruch auf Lager hat, muss sich mit handfesten Problemen rumschlagen, die selbst der größte Superschurke nicht toppen kann. Das Hauptaugenmerk ist in „Das Böse in dir“ aber auf der Figur Felicia Hardy. Nicht nur, dass hier erstmals ihre Bisexualität thematisiert wird, offenbart sich auch gnadenlos ihre tragische Vergangenheit.

Das ist doch…

…GENAU! DER isses! Es gibt Zeichnerinnen und Zeichner, die erkennt man schon auf den ersten Blick. Den markant-lasziven (und immer mal wieder in der Kritik stehenden) Schwung von J. Scott Campbell, der sich vornehmlich der Comic-Damenwelt in seinen Cover-Illustrationen widmet, der realistische Look, den ein Adam Hughes seinen Kreationen digital aufs Auge drückt oder eben Terry Dodson, der stilistisch irgendwo dazwischen zu verorten ist. Oftmals beschränken diese Künstler sich tatsächlich nur auf Cover- oder exklusive oder limitierte Variant-Illustrationen, was zweifelsohne den aufwändigen Zeichnungen geschuldet ist. Alex Ross wird davon ein Liedchen singen können. Es kommt aber immer wieder mal vor, dass Campbell („Gen 13“, die erste „Danger Girl“-Mini-Serie, „Wildsiderz“), Hughes („Betty & Veronica“, Before Watchmen: Doctor Manhattan“…) und Ross („Marvels“, „Kingdom Come“, „U.S.“…) auch fürs Innen-Artwork verantwortlich sind. So auch Terry Dodson, der hier deutlich fleißiger ist als seine Kollegen. Zu seinen Werken zählen „Red Skin“ (beide Bände auf Deutsch bei Splitter erschienen), die „STAR WARS“-Mini-Serie „Prinzessin Leia“ (Panini), „Harley Quinn“ (Panini), „Wonder Woman“ (Panini) oder die beiden wunderschön gezeichneten „Träume“-Alben (Splitter). Rechnet man rein internationale Titel mit ein, wird die Liste noch viel, viel länger. „Pryde and Wisdom“, „Trouble“, in Zusammenarbeit mit Autor Mark Millar, und so weiter und so fort…

Zu einem Highlight in Dodsons Vita zählt aber sicherlich die sechsteilige Reihe „Spider-Man and the Black Cat: The Evil That Men Do“, die ihren Anfang im Jahr 2002 nahm. Nicht nur, weil die Mini-Serie eine holprige Entstehungsgeschichte hinter sich hat und erst 2006 mit den letzten drei US-Heften vollendet wurde, sondern weil es für Superhelden-Verhältnisse des frühen neuen Jahrtausends enorm tief und auch kontrovers wurde. Dies ist hauptsächlich dem Autor zuzuschreiben. Ebenfalls kein Unbekannter.

Ist das nicht…?

JA, ISSER! Silent Bob, Regisseur von „Dogma“, „Clerks.“, „Chasing Amy“, „Mallrats“, „Jay & Silent Bob schlagen zurück“ und ebenso deren „Reboot“, der Typ aus „Stirb Langsam 4.0“, 50% des Superhelden Duos „Bluntman & Chronic“, der Podcaster mit dem „Fat Man“-Eishockey-Trikot, der nach seinem Herzklabaster überhaupt nicht mehr „Fat“ ist… oder einfach Kevin Smith. Filmemacher, Schauspieler, Vollblut-Nerd und Comic-Autor.

Nach gefeierten Geschichten für MARVEL („Daredevil: In den Armen des Teufels“) und DC („Green Arrow: Auferstehung“, „Batman: Kakofonie“) setze Kevin Smith auch Titel für Dynamite um. 2010 erschien sein „Green Hornet“-Run, in dem er ein unverfilmtes Script aus seiner eigenen Feder in Comic-Form brachte. Ein Jahr später erschien die erste Ausgabe von „The Bionic Man“, ebenfalls basierend auf einem Drehbuch von Smith, das er für eine geplante Verfilmung der 70er-Jahre-Serie „Der Sechs-Millionen-Dollar-Mann“ Anfang der 90er zu Papier brachte. Zwischen Mai und November 2014 erschien in den Staaten dann das zwölfteilige DC/Dynamite-Crossover „Batman ’66 Meets the Green Hornet“, welches er gemeinsam mit seinem Kollegen Ralph Garman schrieb. 2016 brachte Smith noch eine Comic-Story angelehnt an seinen vorletzten Film „Yoga Hosers“ auf den Weg, Untertitel hier „When Colleens Collide!“. Comics seiner anderen Eigenkreationen, die wiederum auf Charaktere aus Smiths Filmen beruhen, erschienen bei Oni Press in Heft-Form, sowie gesammelt als Paperbacks über Image. Darunter „Chasing Dogma“, „Jay & Silent Bob“ und „Clerks.“. Für die Reaktivierung von Images „Hit-Girl“ tat Kevin Smith sich Anfang 2019 für den vierteiligen „Hit-Girl in Hollywood“-Run (auf Deutsch als Paperback bei Panini erschienen) mit der dänischen Künstlerin Pernille Ørum zusammen, von der wir hoffentlich noch Einiges zu sehen bekommen.

Fazit:

Die tragische Geschichte von Black Cat ist das Herzstück des Bandes und überstrahlt die Tatsache, dass wir uns immer noch im MARVEL-Universum bewegen. Terry Dodson, dessen Ehefrau Rachel wie so oft auch hier getuscht und in Zusammenarbeit mit Lee Loughridge koloriert hat, hat zwar schon beeindruckendere Illustrationen abgelegt, im Superhelden-Genre spielt er dennoch in der obersten Liga. Definitiv ein MARVEL-Highlight.

Spider-Man und Black Cat: Das Böse in dir

Kevin Smith, Rachel Dodson, Terry Dodson, Panini

Spider-Man und Black Cat: Das Böse in dir

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