Text:   Zeichner: Aimée de Jongh

Sechzigmal Frühling im Winter

Sechzigmal Frühling im Winter
Sechzigmal Frühling im Winter
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André C. Schmechta
9101

Comic-Couch Rezension vonMär 2023

Story

Josy entscheidet sich genau an ihrem 60. Geburtstag aus ihrem Leben als Ehefrau, Mutter und Oma auszubrechen. „Sechzigmal Frühling im Winter“ ist eine berührende, ebenso tragische wie Herz erwärmende Geschichte über das Alter und das Leben, das auch mit 60 Jahren noch in neue Bahnen gelenkt werden kann.

Zeichnung

Aimeé de Jongh inszeniert gefühlvoll auch intime Momente. Zarte Pastelltöne mischen sich mit intensiveren Farben. Mit ausdrucksstarker Mimik durchleben auch wir ein Wechselbad der Gefühle.

Berührend und tragisch

Mit sechsundsechzig Jahren da fängt das Leben an…“ schmetterte Udo Jürgens seinerzeit ins Mikrofon. Josy entscheidet sich genau an ihrem 60. Geburtstag aus ihrem Leben als Ehefrau, Mutter und Oma auszubrechen. Die Familie ist erschüttert und Josy versucht, sich neu zu orientieren. Gar nicht so einfach…

Einmal Leben und zurück?

Gleich auf den ersten Seiten erleben wir Josy, wie sie nachdenklich Kleidung faltet, nervös und fahrig ist. Dabei sollte sie sich doch freuen. Schließlich wartet die Familie im Esszimmer schon mit Kuchen. Doch Josy ist nicht zum Feiern zumute und verkündet schließlich ihrem Mann, dass sie ihn verlassen wird. Mit einem alten VW-Bulli macht sie sich auf den Weg. Alleine.

Ingrid Chabbert und Aimée de Jongh gelingt es wunderbar sofort eine sehr emotionale Grundstimmung zu erzeugen und Josy in den Mittelpunkt des Geschehens zu rücken. Die unterschiedlichen Gefühlswelten, die nun durch diese gravierende Entscheidung entstehen, werden fortan eindringlich transportiert. Es ist offensichtlich, dass eine derartige unerwartete Veränderung einschneidend ist - für alle Seiten - keineswegs leichtfertig getroffen wird, sich aber das alte Leben auch nicht mal ebenso von jetzt auf gleich abstreifen lässt.

Begegnungen führen zu Freundschaften in denen Josy Bestätigung findet und die erhoffte Lebensfreude entfacht wird. Sie führen aber auch zu eigentlich unerwünschten neuen Verflechtungen. Die Familie hingegen versucht sie mit allen Mitteln ausfindig zu machen, klagt an. Ein ganz besonderer Mensch jedoch berührt Josy tief in ihrem Herzen, unerwartet, intensiv.

Trotz Zweifel und Bedenken, die auch Josy immer wieder plagen, die bewussten Entscheidungen und ihre Klarheit, lassen Josy durchaus egoistisch erscheinen. Doch Ingrid Chabbert macht es ihrer Protagonistin hier keineswegs einfach. Allein die Gespräche mit der Familie verdeutlichen, wie verfestig das alte Leben von Josy offenbar ist und wie aussichtslos es scheint, diese gegensätzlichen Lebensperspektiven in Einklang zu bringen. Aber natürlich ist es ebenso unausweichlich, dass durch den neuen Weg, den Josy einschlägt, andere mit Kummer und Verärgerung zurückbleiben. Wird Josy zurückkehren? Oder geht sie ihren - auch beschwerlichen – Weg weiter in eine neue Zukunft?

Aimeé de Jongh inszeniert gefühlvoll auch intime Momente. Zarte Pastelltöne mischen sich mit intensiveren Farben. In starkem Kontrast stehen nachdenklichere Momente in eher tristerem Graublau, während das glückliche Zusammensein im „Club der befreiten Übeltäterinnen“ in sonnigem Gelb und Orange förmlich erstrahlt. Sehr stimmungsvoll zeigen sich auch Szenen im Regen. Viele gut in die Geschichte eingebundene Charaktere werden uns in griffigen Dialogen vertraut und mit ausdrucksstarker Mimik durchleben auch wir ein Wechselbad der Gefühle.

Fazit:

„Sechzigmal Frühling im Winter“ ist eine berührende, ebenso tragische wie Herz erwärmende Geschichte über das Alter und das Leben, das auch mit 60 Jahren noch in neue Bahnen gelenkt werden kann. Aber das Leben zeigt sich auch hier von all seinen schönen und schmerzhaften Seiten. So mag man in dem gefühlvollen Comic den Mut erkennen, der Wahrheit ins Gesicht zu schauen, Neues zu wagen und zu sich selbst zu stehen, bei aller Unwegsamkeit, die sich daraus ergeben kann. Aber vielleicht ist es auch ein deutlicher Weckruf an diejenigen, die sich (noch) zu wenig um ihre Liebsten kümmern und das vertraute Zusammensein für ein Abo auf Lebenszeit halten.

Sechzigmal Frühling im Winter

Ingrid Chabbert, Aimée de Jongh, Splitter

Sechzigmal Frühling im Winter

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