Text:   Zeichner: Alain Queireix

Miss October - Gesamtausgabe

Wertung wird geladen
Marcel Scharrenbroich
8101

Comic-Couch Rezension vonMär 2023

Story

Wäre der Drama-Anteil nicht so klischeehaft hoch, hätten wir einen klassischen Pageturner par excellence. Krimi-Fans kommen dennoch auf ihre Kosten.

Zeichnung

„Miss October“ ist einer dieser seltenen Vertreter, die ich zu gerne mal nur getuscht und farblos sehen würde. Ansonsten bekommt man Zeichnungen auf Top-Niveau geboten.

Stadt der (toten) Engel

Jagd auf den „Pin-Up“-Killer

Los Angeles in den Swinging Sixties. Heiß, glamourös und voller Strahlkraft… doch hinter der schönen Fassade verbirgt sich ein abgrundtiefer Sündenpfuhl. Das merken selbst die Privilegierten, die sich in ihren schicken Multimillionen-Dollar-Anwesen vermeintlich sicher fühlen. Ein Unbekannter drang in die Villa der gut betuchten Familie Scott ein. Er hatte es auf die junge Lynn abgesehen, die sich zwar mit aller Kraft gegen den Angreifer zur Wehr setzte, letztendlich aber den Kürzeren zog. Ein heftiger Schlag auf den Kopf veränderte ihr ganzes Leben. Seit dieser schicksalshaften Nacht ist sie gehörlos. Der Trubel der Stadt ist verstummt… kein Zwitschern der Vögel mehr, keine Musik und meterhohe Hürden bei alltäglichen Konversationen. Der Täter entkam unerkannt, während die Polizei ahnungslos auf der stelle trat. Doch Lynn ist an dieser Tragödie nicht zerbrochen. Nach außen wahrt sie den Schein als gute Tochter aus reichem Hause, wandert des Nachts allerdings selbst auf der dunklen Seite der Kriminalität. Mit spektakulären Einbrüchen ergaunert sie sich ein eigenes finanzielles Polster und ist fest entschlossen, den Mistkerl, der ihr Leben auf den Kopf stellte, dingfest zu machen. Lynn ist nämlich davon überzeugt, dass dieser noch immer aktiv ist.

Der engagierte Lieutenant Clegg Jordan ist ebenfalls auf der Jagd, denn ein mutmaßlicher Serienkiller hält die Polizei in Atem. Gerade wurde erst die zweite Leiche aufgefunden. Der Täter geht offensichtlich einem Muster nach, indem er seine weiblichen Opfer zunächst brutal missbraucht und dann auf grausame Weise drapiert. Er stellt mit den leblosen Körpern Pin-Ups aus dem „Playboy“ nach und fotografiert anschließend die erschreckend makabre Szenerie. Seine bisherigen Fotos unterschrieb er mit „Miss Januar“ und „Miss Februar“. Clegg hat sich in den Fall, der noch mit allen Mitteln vor der Bevölkerung geheim gehalten werden soll, verbissen. So sehr, dass sein Eheleben darunter leidet. Während Cleggs Gattin der Stadt der Engel unbedingt den Rücken kehren möchte, ist der Vater einer Tochter hin- und hergerissen zwischen Familie und Beruf. Sehr zum Gefallen von Ariel Samson, Cleggs Kollegen, der ohne Rücksicht auf Verluste an dessen Stuhl sägt.

Der „Pin-Up“-Killer hat währenddessen ein neues Ziel ins Auge gefasst und hat seine ganz persönliche „Miss Oktober“ bereits ausgewählt: Lynn Scott.

Ein Whodunit-Noir-Crime-Liebesdreiecks-Drama

Ist das ein neues Genre? Nein, nur viele Genre-Zutaten in einem Werk vereint. Fast schon zu viele, denn Klischee-Affären und berufliche Gockeleien zwischen den Cop-Konkurrenten ziehen den eigentlich spannend geschriebenen Noir-Thriller oft unnötig in die Länge. Jeder hat hier kleine und große Geheimnisse, es wird betrogen und gelogen und hinter jeder Ecke wartet das nächste Drama. Kürzer - und somit runder - hätte es die Geschichte, die ursprünglich in vier einzelnen Alben veröffentlicht wurde, ebenfalls getan. Klammert man nun den Seifenoper-Anteil mal aus, hat man im Kern aber immer noch einen lesenswerten Krimi zum Miträtseln, der obendrein noch wunderschön aussieht.

Alain Queireix, der mit Band 13 auch in die Serie „Agent Alpha“ (FINIX COMICS) einstieg, zieht hier alle Register frankobelgischer Comic-Kunst. Mit hauchdünnem Strich erweckt er das brütende Los Angeles der Sechziger zum Leben, inklusive luxuriöser Amischlitten, nostalgischen Diners und hübschen Gesichtern, die wohl nicht nur rein zufällig der einen oder anderen Hollywood-Diva ähneln. Die Panels strotzen vor Details und es kommt cineastisches Flair auf, wenn markante Schrift- oder Straßenzüge auftauchen. Lediglich die Kolorierung nimmt etwas von der Stimmung wieder weg. Die ist mir persönlich zu aufdringlich und künstlich, sodass sie sich mit den 60’s-Vibes nur schwer verbinden lässt.

Fazit:

Ein bisschen viel Liebes-Drama in einem ansonst schnörkellosen Noir-Krimi. Auch wenn die Farben etwas zu clean und modern wirken, kommt dank der sexy Strichführung von Alain Queireix ein gelungenes Hollywood-Feeling rüber.

Miss October - Gesamtausgabe

Stéphen Desberg, Alain Queireix, Schreiber & Leser

Miss October - Gesamtausgabe

Ähnliche Comics:

Deine Meinung zu »Miss October - Gesamtausgabe«

Wir freuen uns auf Deine Meinungen. Ein fairer und respektvoller Umgang sollte selbstverständlich sein. Bitte Spoiler zum Inhalt vermeiden oder zumindest als solche deutlich in Deinem Kommentar kennzeichnen. Vielen Dank!

Letzte Kommentare:
Loading
Loading
Letzte Kommentare:
Loading
Loading

Alita:
Battle Angel

Der „Große Krieg“ ist seit 300 Jahren vorbei. Unter der gigantischen Himmelsstadt Zalem, der letzten ihrer Art, befindet sich Iron City. Hier sind alle Strukturen zusammengebrochen, was die Straßen - speziell nach Einbruch der Dunkelheit – zum gefährlichen Pflaster werden lässt. Im Jahr 2563 sind Cyborgs keine Seltenheit mehr und viele von ihnen verdienen sich ihr Geld als Kopfgeldjäger… sogenannte Hunter-Warrior. Titelbild: © 2019 Twentieth Century Fox

mehr erfahren