Text:   Zeichner: Katja Klengel

Girlsplaining

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Nina Pimentel Lechthoff
9101

Comic-Couch Rezension vonSep 2018

Story

Ein Mix aus Anekdoten, Erfahrungen und Gedanken, die sich um Themen wie Sexualität, Feminismus und Alltag drehen. Nicht nur was für Frauen!

Zeichnung

Der lockere Zeichenstil ist eine Mischung aus Manga und Indie-Comic, alles ist in verschiedenen Rosatönen gehalten.

Viva la Vulva!

Feminismus ist nur was für Mädchen … nicht!

Klengels Comic ist eine Sammlung ihrer bei Broadly – dem Frauenkanal von Vice – erschienenen Webcomic-Kolumne. Dort geht sie auf humorvoller, aber sehr direkter, Art und Weise mit vielfältigen Fragen rund um den weiblichen Körper und der weiblichen Sexualität um. Und das alles immer im Kontext ihrer eigenen Lebenserfahrung und mit sehr vielen Referenzen aus der Popkultur. Da nimmt etwa die Enterprise von Star Trek kurzerhand die Kontrolle über ihr Gehirn, als es darum geht, wie man mit alltäglicher sexueller Belästigung umgeht bzw. umgehen sollte. An einer anderen Stelle wird die Vulva mit Voldemort gleichgesetzt – beides V-Wörter, die man nicht anzusprechen wagt.

Klengel schafft es mit ihrem Mix aus nerdiger Popkultur und ihren eigenen Erfahrungen den Leser mit vielfältigen Themen zu konfrontieren, ohne dass man überwältigt ist. Vor allem, weil sie keine harten Thesen aufstellt, sondern eher Fragen aufwirft: Sollte man sich rasieren oder ist das nicht feministisch? Welche Vorbilder sind für junge Frauen die richtigen? Warum reden wir nie über die Vulva, wenn es um Sexualität geht? Dadurch, dass Klengel keine Antworten liefert, sondern dem Leser lediglich ihre eigenen Erfahrungen und das, was sie aus ihnen gelernt hat, schildert, wirkt „Girlsplaining“ keineswegs dogmatisch, sondern beflügelt eher Diskussionen. Deswegen kann man den Comic nicht als reine Frauenliteratur abstempeln. Denn Feminismus geht uns allen was an! Dies wird vor allem sehr toll beim Thema Kinderspielzeug angesprochen. Schon als Kind hatte sie anderes Spielzeug als ihr Bruder. Aber selbst in unserer heutigen ach so gender-neutralen Gesellschaft sei die Trennung in Mädchen- und Jungenspielzeug noch strikter geworden. Diese Beobachtung bringt sie sehr bildhaft rüber, indem sie diese Trennung mit einer „Berliner Mauer“ der Spielzeugindustrie darstellt, mit Schwarzmarkt und Grenzüberwachung inklusive!

Viva la Vulva oder wie ich lernte, mich selbst zu lieben

„Girlsplaining“ kann jeder lesen, egal ob Mann oder Frau. Doch als Frau Ende 20 habe ich mich im Comic sehr oft wiedergefunden. Auch ich habe sehr früh meine Tage bekommen, habe mich mit unerwünschter Körperbehaarung rumgeschlagen und bekomme immer wieder die ewige Frage zu hören: Wann bekommst du endlich Kinder? Nicht nur Klengels Erfahrungen, sondern auch ihre popkulturelle Bezugspunkte decken sich mit meinen weitestgehend ab. Sailor Moon, Buffy und Harry Potter waren in meiner Kindheit und Jugend sehr präsente Figuren.

Nach der Lektüre habe ich erleichtert gedacht: Ich bin anscheinend nicht die Einzige, die ein bisschen braucht, um ihr Leben auf die Reihe zu kriegen. Das gibt einem das Gefühl, nicht ganz alleine mit seinen Problemen dazustehen. Einfach deswegen könnte ich jeder Frau diesen Comic empfehlen. Aber auch Teenagerinnen würde ich „Girlsplaining“ gerne mit auf den Weg geben. Denn so ungezwungen und ehrlich geht nicht jeder mit der weiblichen Sexualität und den täglichen Problemen des Frauendaseins um. Sei es ungewollt von der Seite angebaggert zu werden oder wie man mit den gesellschaftlichen Erwartungen am eigenen Körper oder an die eigene Sexualität umgeht.

Eine Studie in Rosarot

Die Bilder, die Katja Klengel zeichnet, sind lustig und sehr treffend. Sei es die Berliner Mauer der Spielzeugindustrie oder die sehr geglückten Anspielungen auf verschiedenen Figuren der Popkultur. Was mir aber vor allem gefällt, ist, dass sie alles sehr simpel hält. Das ganze Buch ist in verschiedenen Rosatönen gehalten  – mal kräftiger, mal dezenter, mal heller, mal dunkler. Trotzdem wirken ihre Bilder nicht platt und man hat nie das Gefühl, dass andere Farben fehlen würden. Sie schafft es ganz gut, mit einer sehr reduzierten Farbpalette ihre Anekdoten, Erinnerungen und Gedanken dem Leser zu vermitteln. Ihr Zeichenstil an sich wird am Ende des Comics als ein Mix aus Manga (vor allem inspiriert durch Naoko Takeuchis „Sailor Moon“) und amerikanischen Indie-Comics beschrieben. Der Mangaeinfluss wird in der Mimik vieler Figuren deutlich, wie z.B. wenn sie schelmisch lachen oder entgeistert gucken. Und die Ästhetik erinnert tatsächlich ein bisschen an Indie-Comics aus den USA, vor allem weil Klengels Zeichenstil sehr simpel gehalten ist und nicht überladen wirkt mit unwichtigen Details. Alles, was auf der Seite zu sehen ist, macht Sinn und ist notwendig, um das rüberzubringen, was sie rüberbringen will.

Fazit:

„Girlsplaining“ bietet kluge Gedanken zu verschiedenen Themen rund um Frauenkörper, Sexualität und Gender, verpackt in einem klugen und ehrlichen Comic. Obwohl der Titel und die Themen das vielleicht suggerieren, ist er keineswegs „nur was für Frauen“, sondern für jeden was!

Girlsplaining

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