Ein Hundeleben
- Edition Moderne
- Erschienen: Februar 2025
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Lachen, Weinen… Wohlfühlen
Kunstkurrenzkampf
Künstler in der Schaffenskrise. Nicht nur ein weit verbreitetes Klischee, wie es John Morose am eigenen Leib erfahren muss. So richtig hat die Muse ihn noch nicht geküsst, obwohl er eigentlich bestens vorbereitet ist. Im örtlichen Künstlerbedarf ist er Stammkunde, möchte er doch nur die besten Materialien verwenden, sollte die zündende Idee fürs kommende Meisterwerk endlich reinkicken. Bis es soweit ist, drückt er sich aber erfolgreich vor dem ersten Pinselstrich.
Ganz anders hingegen sein direkter Nachbar Hans Dubonheur, mit dem Morose während des Studiums schon die Bank drückte. Dubonheur feiert enorme Erfolge mit seinen Katzen-Gemälden. Kritiker überschlagen sich fast, während sie Lobeshymnen auf den frischen Wind in der Szene in die Welt posaunen. Galerien reißen sich um Ausstellungen und Kunst-Freunde applaudieren verzückt. Ruhm, der dem Künstler bereits reichlich zu Kopf gestiegen ist. Aus seinem ausgebauten Luxus-Anwesen blickt er nicht nur wortwörtlich auf den Kollegen hinab. Er lässt auch keine Gelegenheit aus, Morose seinen eigenen Erfolg unter die Nase zu reiben… und ihn zeitgleich damit zu necken, dass er es immer noch nicht geschafft hat, in der Szene Fuß zu fassen. Davon ist Morose gefühlte Lichtjahre entfernt, da seine vorgeschobene Akribie doch in Wirklichkeit nur seine Selbstzweifel kaschiert. Und so läuft John Morose weiter in aller Regelmäßigkeit zum Künstlerbedarf, in dem Glauben, dass das beste Material – seien es teure Pinsel oder edle Farben – ihm endlich den nötigen Tritt in den Allerwertesten geben könnte.
Diese festgefahrene Routine ändert sich eines Tages, als die Besitzerin des kleinen Lädchens ihr Sortiment plötzlich umgestellt hat. Und zwar komplett! Aus „Zur Leinwand“ wurde im Handumdrehen „Hundinis Zauberkiste“. Leinwände, Verdünner und Farbtuben wurden ersetzt durch Dackel, Dalmatiner und Bulldoggen. Ganz unschuldig daran ist Morose nicht, war er doch der beste Kunde des Künstlerbedarfs, und ermöglichte seiner Besitzerin nun das neue Standbein. Als Dank möchte sie sich revanchieren… und so geht Morose diesmal nicht mit neuen Pinseln nach Hause, dafür aber mit einem frischen Vierbeiner. Hm, das lief mal so ganz anders als erwartet…
Tatsächlich weckt der kleine Mitbewohner neuen Lebensmut bei seinem Besitzer. Morose blüht regelrecht auf. Nicht nur das, denn sein neuer bester Freund liefert ihm auch gleich die Inspiration für sein erstes Werk. Es scheint bergauf zu gehen! Doch die Freude ist nur von kurzer Dauer.
„…und es ist sehr gelungen“
Tragik und lebensbejahende Leichtigkeit geben sich hier die Klinke in die Hand. Diese wunderschöne Graphic Novel von Matthias Arégui hast mich hart mitgenommen, schmunzeln lassen und immer wieder daran erinnert, wie wichtig Dinge im Leben sind, die wir als Selbstverständlich wahrnehmen. Arégui setzt nicht nur emotional auf starke Kontraste. Der überzeichnete, comichafte Stil steht den weitestgehend realistischen Lebensweisen der Akteure gegenüber, was aber hervorragend funktioniert. Erst im weiteren Verlauf, wenn die Geschichte ein übersinnliches Türchen öffnet, entfernen wir uns etwas von der Realität. Das fällt aber nicht ins Gewicht, da es auf rein menschlicher (bzw. tierischer) Ebene herzerwärmender kaum sein könnte. Weitere starke Kontraste finden sich in den beiden Hauptfiguren Morose und Dubonheur, verdeutlicht durch Erfolg vs. Misserfolg, Ehrlichkeit vs. Hinterhältigkeit, Arm vs. Reich, Narzissmus vs. Selbstzweifel und nicht zuletzt durch ihre jeweiligen Haustiere… Katze vs. Hund. Stärker kann man unterschiedliche Lebensweisen und Charaktereigenschaften nicht aufeinanderprallen lassen.
Fazit:
Die rührende Geschichte um einen Künstler in der Schaffens- und Lebenskrise wird durch unheimlich schöne Bilder veredelt. Autor und Zeichner Matthias Arégui nutzt hier und da aussagekräftige Splash-Pages, bedient sich einer unkonventionellen Kolorierung und scheut sich auch nicht davor, stilistisch zu experimentieren. Ein hochemotionales Werk, welches nicht nur Hunde-Liebhabern lange im Gedächtnis bleiben wird.

Matthias Arégui, Matthias Arégui, Edition Moderne
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