Cloak und Dagger: Ein Licht in der Finsternis

Cloak und Dagger: Ein Licht in der Finsternis
Cloak und Dagger: Ein Licht in der Finsternis
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Marcel Scharrenbroich
5101

Comic-Couch Rezension vonSep 2018

Story

Teils aus dem Kontext gerissene Geschichten, die zwar neugierig machen, aber Antworten schuldig bleiben und neue Leser verwirren könnten. Als „Appetit-Anreger“ durchaus geeignet, aber mehr auch nicht… höchstens als Ergänzung zur zehnteiligen TV-Serie.

Zeichnung

Ein Pluspunkt ist auf jeden Fall die gebotene Abwechslung. Da hier aber wirklich die unterschiedlichsten Stile zum Einsatz kommen, kann ich nur nach meinem persönlichen Geschmack gehen… und der wurde nur in einigen Kapiteln voll getroffen.

Viel LICHT und noch mehr SCHATTEN

Schritt ins RampenLICHT

Die Namen „Cloak und Dagger“ dürften bei Comic-Lesern, die nicht die komplette Marvel-Belegschaft auf Kommando aus dem Effeff herunterrattern können, für Schulterzucken sorgen. Abhilfe konnte die in diesem Jahr gestartete TV-Serie schaffen und auch der Panini Verlag nimmt diese zum Anlass, das ungleiche Duo aus Marvels B-Riege etwas mehr in den Fokus zu rücken. Seinen ersten Auftritt hatte das Helden-Pärchen bereits 1982 im US-Comic „Peter Parker, the Spectacular Spider-Man“ #64. Zwischen 1988 und 1991 kamen dann auch deutsche Leser in den Genuss, da der Bastei Verlag die Solo-Reihe in zwölf Ausgaben auf den hiesigen Markt brachte. Während die ersten sechs Geschichten noch als großformatige Hefte in den Regalen zu finden waren, erschienen die Ausgaben 7-12 im Alben-Format. Es sei noch erwähnt, dass die Reihe bei uns damals den Namen „Licht & Schatten“ trug, was thematisch zwar sehr gut passt, aber keine wortwörtliche Übersetzung des Originaltitels darstellt… dann würde der Titel nämlich „Mantel & Dolch“ lauten.

Die Hauptcharaktere – Tyrone Johnson und Tandy Bowen – erlangten ihre Kräfte im Comic durch experimentelle Drogen, die den jungen Ausreißern von einem Gangster-Syndikat verabreicht wurden. Die Auswirkung dieser Substanz führte dazu, dass Ty sich fortan mit der dunklen Darkforce-Dimension verband und sein Körper, sowie sein Umhang, ein Portal in diese mysteriöse Welt wurden, in die er auch seine Gegner befördern konnte. Diese düstere Welt zehrt an der Lebensenergie ihrer Eindringlinge und kann schwere Schäden anrichten. Zudem besitzt Ty/Cloak die Fähigkeit, sich zu teleportieren und so blitzschnell von einem Ort zum anderen zu springen.

Tandy hingegen bildet das passende Gegenstück zu Cloak. Sie bedient sich als Dagger der Lightforce und kann leuchtende Licht-Dolche materialisieren, die pfeilschnell und tödlich ihr Ziel treffen. Die gegensätzlichen Kräfte der beiden reagieren aufeinander und so stillt die Gegenwart von Tandy den unstillbaren „Hunger“, den Cloak entwickelt. Ein Hunger, der tief aus der mit ihm verbundenen Darkforce-Dimension nach dem menschlichen „Lebenslicht“ giert.

Nach ihrer erfolgreichen Flucht – und dem damit verbundenen Ausschalten ihrer Peiniger – machten sich „Cloak & Dagger“ die Rettung von ausgerissenen Kindern und Jugendlichen zur Aufgabe. Ihre Opfer waren Drogendealer und andere Kriminelle. Niemand sollte unter ihrem Schutz ein ähnliches Schicksal erleiden müssen.

In der TV-Serie hingegen – die in Deutschland via Amazon Instant Video zu beziehen ist – gibt es (wieder einmal) gravierende Unterschiede zur Comic-Vorlage. Hier sorgte eine Explosion auf einer Bohrinsel für die Freisetzung der Kräfte, mit denen Tandy und Ty im Kindesalter unabhängig voneinander in Berührung kamen. Tandys Vater verlor die Kontrolle über sein Fahrzeug und lenkte, abgelenkt von der Detonation auf der Plattform, sein Fahrzeug ins nahegelegene Gewässer… inklusive Tandy auf dem Rücksitz. Der junge Tyrone wollte indessen seinem großen Bruder imponieren und stahl ein Auto-Radio, um auch bei der lokalen Jugend-Gang akzeptiert und respektiert zu werden. Billy, sein Bruder, wollte aber in Ty keinen potentiellen Nachfolger heranwachsen sehen und versuchte ihm die richtigen Werte zu vermitteln. Als die beiden das Diebesgut zurückbringen wollten, wurden sie von einem Polizisten gestellt. Zeitgleich zur Explosion löste sich ein Schuss aus der Waffe des Cops und beförderte Billy in den See. Geschockt sprang der junge Ty hinterher und kam so – ebenso wie Tandy – mit einer mysteriösen Macht in Berührung.

Gegenwart: Jahre später, als der Zufall die beiden zusammenführt, bemerken sie, dass sie auf übernatürliche Weise aufeinander zu reagieren scheinen. Immer wieder kreuzen sich fortan die Wege der Teenager und langsam werden sie sich ihrer Kräfte bewusst. Ty, der seit dem Tod seines großen Bruders das Gesicht des Todesschützen nicht mehr vergessen kann, sinnt auf Rache und Tandy, die sich zum Schein in Clubs an reiche Typen ranmacht, um diese anschließend im großen Stil auszunehmen, fängt an, sich mit der Roxxon-Company zu beschäftigen… der Firma, für die einst ihr Vater arbeitete und auf deren Bohrinsel die verhängnisvolle Explosion stattfand.

SCHATTENseiten

Paninis „Ein Licht in der Finsternis“ widmet sich nun den Helden aus der zweiten Reihe und stellt – grob gesagt – eine kleine Best-of-Anthologie dar. In mehreren Einzelgeschichten wird die Entwicklung von „Cloak & Dagger“ über mehrere Jahrzehnte veranschaulicht und kratzt dabei leider nur an der Oberfläche. An sich ist ein chronologischer Werdegang eine gute Sache, doch da man nach dem Lesen des Sammelbandes (vorerst?) vergeblich auf weiteren Nachschub warten wird, ist „Ein Licht in der Finsternis“ wohl hauptsächlich für Fans des TV-Ablegers interessant, die „etwas“ mehr von den Charakteren erfahren möchten.

Insgesamt besteht der Band aus acht Kapiteln, von denen sich allein drei dem „Spider-Island“ Groß-Event widmen… genauer gesagt DEM Teil von „Spider-Island“, in dem „Cloak & Dagger“ auftauchen und der im amerikanischen Original als Tie-In „Spider-Island: Cloak & Dagger“ #1-3 veröffentlicht wurde. Erfreulicherweise bekommt der Leser zu Beginn der dreiteiligen Erzählung eine kurze Einführung zu den vorangegangenen Geschehnissen, jedoch ist dies – in Anbetracht der Größe des gesamten Events – auch nur ein Tropfen auf den heißen Stein.

Zwei weitere Kapitel lassen „Cloak & Dagger“ auf die „Runaways“ treffen, die ebenfalls erst kürzlich auf den TV-Bildschirmen auftauchten. Im Fall der jungen „Ausreißer“ hatte Panini aber ein besseres Händchen und veröffentlichte zeitgleich zum Serien-Start den kompletten(!) ersten Run in einem großartigen Megaband, der hier auch schon ausführlich besprochen wurde. Genau diesem Megaband sind auch die beiden Kapitel „Gesucht und gefunden“ entnommen. Auch hier gibt es wieder eine kurze Einführung, die grob umreißt, was bisher geschah, die gesamte Story aber natürlich nicht erzählt, da mit dem Verschwinden von Ty und Tandy auch gleichzeitig der Story-Faden abrupt gekappt wird.

Erfreulicherweise bildet direkt der bereits angesprochene erste Auftritt von „Cloak & Dagger“ – in „Peter Parker, the Spectacular Spider-Man“ #64 von März 1982 – den Auftakt des Bandes. Diesem folgt die recht kurze Geschichte „Höllentrip“, die dem US-Heft „Strange Tales: Dark Corners“ #1 entnommen wurde. In „Baufällige Kirchen“ bekommen Ty und Tandy es mit den „X-Men“ zu tun und pendeln zwischen Utopia, South Boston und dem Blick auf ein New York City der Vergangenheit hin und her.

Auf der letzten Seite des Sammelbandes erfährt man dann in reiner Textform noch etwas über die bisherigen Arbeiten der beteiligten Zeichner und Autoren. Die Inhaltsangabe am Anfang gestaltet sich übrigens als mehr als überflüssig, da einige Stories im Buch gar nicht betitelt sind und sich nur anhand der unterschiedlichen Zeichenstile unterscheiden. Gut, man muss schon über eine X-TREM geringe Aufmerksamkeitsspanne verfügen, um nicht zu merken, dass man gerade eine neue Geschichte liest, aber dennoch ist das Resultat etwas unglücklich… vor allem, weil die angegeben Seitenzahlen sinnlos sind, da eine durchgängige Nummerierung der Seiten schlichtweg nicht vorhanden ist.

Kleiner LICHTblick

Zeichnerisch wird aufgrund der unterschiedlichen Entstehungs-Epochen eine Menge Abwechslung geboten. Der Auftakt „Cloak und Dagger!“ kommt im klassisch anmutenden 80er-Stil daher und ist mit kräftigen Konturen und sich hart abgrenzenden, eintönigen Farben dargestellt. Optisch interessanter wird es in „Baufällige Kirchen“ aus dem Jahr 2010. Hier wird viel mit Schatten und Farbverläufen experimentiert und Tandys „Licht“ kommt strahlend zur Geltung. Die Zeichnungen selbst sind extrem kurvenreich und dynamisch. Die beiden „Runaways“-Kapitel wurden von Takeshi Miyazawa in Szene gesetzt und versprühen dementsprechend auch ein wenig Manga-Feeling. Mein optisches Highlight ist allerdings der dreiteilige „Spider-Island“-Beitrag, der kreativ angeordnete Bilder aufs Papier bringt und jedes Panel perfekt ausnutzt. Die schattenreichen Schraffuren verleihen der Geschichte einen düsteren und (positiv) dreckigen Look. Herausragend ist auch das Cover-Motiv von Mark Brooks, das dem US-Heft „Cloak & Dagger“ #1 aus dem Jahr 2010 entnommen ist.

Fazit:

„Ein Licht in der Finsternis“ macht es einem nicht leicht, eine abschließende und faire Bewertung vorzunehmen. Für Comic-Neulinge und Fans der TV-Serie mag der Band durchaus interessant sein… allerdings könnte der – schon fast aus dem Gesamt-Kontext herausgerissene – Inhalt aus Groß-Events bzw. zusammenhängenden Erzählungen mehr Fragen aufwerfen, als dass er Antworten liefert. Für Kenner und langjährige Sammler halte ich den Band für eher ungeeignet, da sie den Inhalt schon aus anderen Quellen kennen dürften und einfach zu wenig – bis gar kein – neuer Content geliefert wird.

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