Text:   Zeichner: Rey Macutay

Chaos - Band 2

Chaos - Band 2
Chaos - Band 2
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Marcel Scharrenbroich
7101

Comic-Couch Rezension vonJun 2019

Story

Langsam nimmt die Reihe an Fahrt auf, auch wenn tonnenweise Klischees bedient werden. François und ich werden zwar eh keine Freunde mehr, dennoch bin ich gespannt und (von Haus aus) optimistisch, was das Finale angeht.

Zeichnung

Wie schon im direkten Vorgänger, sind auch im Mittelteil die Zeichnungen der große Lichtblick der Reihe. Detailliert und realistisch, auch wenn das farbenfrohe Sci-Fi-Paris notgedrungen dem düsteren, apokalyptischen „Chaos“ weichen musste.

Die Welt versinkt im… Sie wissen schon.

Eintretendes „Chaos“ in 3… 2… 1…

RUMMS-DI-BUMMS, da isses ja! Wartete man im Auftaktband noch nahezu vergeblich auf das namensgebende Ereignis, ist das versprochene „Chaos“, welches sich erst auf den letzten Seiten des Vorgängers ankündigte, nun bittere Realität geworden. Unsere Welt ist nicht mehr so, wie sie mal war… und wird es, wie uns bereits der düstere Blick in die Zukunft verriet, auch nie mehr sein. Dort stellt sich ein alter Mann, der „Patriarch“, mit aller Kraft der aufkeimenden, maschinellen Revolution entgegen und führt trotz seines stattlichen Alters von 129 Jahren einen erbitterten Krieg gegen den Fortschritt. Dies tut er nicht etwa, weil er sich diesem verweigert… oder das Passwort für seinen Instagram-Account vergessen hat, nein… er tut es, weil er gesehen hat, wohin die globale Technisierung bereits einmal führte. Er war dabei, als alles anfing, den Bach herunterzugehen. Er war mittendrin im „Chaos“, das die Welt schnurstracks in eine Apokalypse lenkte… und dies ist seine Geschichte:

2052: Die Vergangenheit. Haupt-Schnösel François Deschamps (zu ihm lasse ich mich später noch ausgiebig aus…) ist auf der Suche nach seiner Flamme Blanche, die sich während des technischen Kollapses, der zum spontanen Versagen aller elektrischer Gerätschaften führte, im Penthouse ihres schmierigen Managers befand und sich dort seinen aufdringlichen Avancen entgegensetzte. Der lüsterne Sausack Seita, der seine Wurstfinger nicht unter Kontrolle hat, war außerdem verantwortlich dafür, dass François sein zugesichertes Studium an der Hochschule für Agrochemie in den Wind blasen konnte. Tja, Eifersucht und ein überfülltes Bankkonto machen es möglich. Doch erst im letzten Moment durchschaute die blauäugige Blanche, die als Regina Vox eigentlich die weltweiten Musik-Charts erobern sollte, die mehr als offensichtlichen Annäherungsversuche des sabbernden Musik-Moguls, welcher sich als Gegenleistung einen Freifahrtschein auf… äh, BEI Blanche erhoffte. Klingt schwer nach Seifenoper, oder? Nun, bisher war es dies ehrlich gesagt auch… doch jetzt kommt die Geschichte langsam ins Rollen.

„Chaos“-Tage

Direkt die erste Seite des Bandes schockt mit einem Flugzeug, das in einen Wolkenkratzer fliegt und in einer gewaltigen Explosion detoniert. Sofort werden Erinnerungen an tragische Ereignisse wach, die noch allzu präsent in unseren Köpfen sind. Dies ist jedoch nur EINE Tragödie, die anhand des gesamten Ausmaßes der Katastrophe wie eine kaum beachtenswerte Randnotiz wirkt. Die fliegenden Fortbewegungsmittel, die im Jahr 2052 keine Seltenheit sind und zum Alltag gehören, fallen einfach vom Himmel, erschlagen panische Passanten, die hilflos durch die Straßen rennen. Inmitten dieses heillosen Chaos irrt auch François umher, auf der Suche nach seiner Blanche. Als er das Gebäude, in dem sich seine Liebste zusammen mit Seita aufhält, endlich erreicht hat, findet er sie ohnmächtig, ansonsten jedoch unverletzt vor. Nachdem die beiden männlichen Kontrahenten ihren Hahnenkampf hinter sich gebracht haben, bietet Seita an, das Pärchen in seinem Privatjet, der auf dem Dach des Hochhauses wartet, in Sicherheit zu bringen. Da anscheinend „nur“ der Induktionsstrom ausgefallen ist, sollte sich das Flugzeug noch manuell steuern lassen. Stolz und nachtragend, wie François aber ist, schlägt er das Angebot aus… was nachträglich betrachtet wohl auch die bessere Wahl war. Jedenfalls schaffen es die Turteltäubchen heil aus dem Gebäude. Der Retter in der Not bringt seine Holde in seine Behausung und lässt mal kurz den Doc drüberschauen. Sicher ist schließlich sicher.

Währenddessen herrschen in der Stadt chaotische Zustände. Die Regierung versucht, die aufgebrachte Menge zu beruhigen und in Zaum zu halten. Die Bereitstellung von Trinkwasser und Nahrung soll gewährleistet werden, Plünderungen werden mit dem Tod bestraft. Doch kümmert das die Bevölkerung? Nicht im Geringsten.

Als die Meldung eines Großbrandes auf der Île de la Cité, dem ältesten Teil der französischen Hauptstadt, die Runde macht, zögert François nicht lange und eilt davon. Unterstützt wird er von seinem Nachbarn Pierre. Während die Kathedrale Notre-Dame lichterloh in Flammen steht (und traurige Erinnerungen an den 15. Und 16. April 2019 weckt, als der hölzerne Dachstuhl des historischen Gebäudes tatsächlich den Flammen zum Opfer fiel) und die beiden Männer sich an den Löscharbeiten beteiligen, beschließen sie, ihr Erspartes zusammenzulegen und die Stadt zu verlassen. Solange das Geld noch etwas wert ist, wird es in Ausrüstung investiert. François, Blanche, Pierre und seine schwangere Ehefrau würden aber - trotz sorgfältiger Planungen - ohne Hilfe nicht sehr weit kommen… zu viele Gefahren lauern auf den Straßen. Diebe. Plünderer. Menschen ohne Skrupel, die zu allem bereit sind, um zu überleben. François kennt noch einige Leute, die er zu rekrutieren gedenkt. Als Gemeinschaft könnte man sich gegen die unberechenbaren Bedrohungen, die das „Chaos“ ausgespuckt hat, behaupten. Aber die Zeit drängt… und Paris steht in Flammen!

Was für ein ätzender „Chaot“…

Ja, hier komme ich nochmals auf unseren Supermann François zu sprechen. Schon im ersten Band ging mir die geleckte Pfeife dermaßen auf den Pinsel, dass ich fast anfing zu hoffen, dass die gute Blanche am Ende mit Seita durchbrennen würde. Selten hat man so einen arroganten Protagonisten gesehen, dessen Selbstverliebtheit und Überheblichkeit jegliches Mitgefühl und Identifikations-Potenzial in den beißenden Rauchwolken über Paris ersticken lassen. Er klettert in schwindelerregenden Höhen an Hochhäusern entlang, hat sein organisatorisches Talent vom „Fähnlein Fieselschweif“ und deren „Schlaues Buch“ wahrscheinlich unterm Kopfkissen, nimmt natürlich den Posten des Anführers an (falls keiner etwas dagegen hätte… ja siiiiicher) und hat die Weisheit mit Schaufeln gefressen. Den Rest gibt einem dann noch seine Madame. Die dröselige Blanchette, die ihren „Helden“ permanent anhimmelt, als wäre er der strahlende Adonis vor dem Herrn, bewahrt mich nur mit konzentrierter Körperbeherrschung davor, bereits Gegessenes erneut zu bestaunen. Bussi hier, Bussi da, trallala… oh Goooott!!!

Fazit:

Das Tempo der Roman-Adaption von 1943 legt zu, bedient jedoch jedes erdenkliche Klischee. Das apokalyptische Setting und die damit einhergehenden Probleme dürften für Genre-Freunde ein alter Hut sein. Die Rollen sind klar verteilt und man merkt, dass deren Bilder aus längst vergangenen Tagen stammen: Das Fräulein in Not und der Strahlemann, der den Tag rettet. Völlig veraltet und seit Jahren überholt. Wie schon im Vorgänger, sind es auch im Mittelteil der „Chaos“-Trilogie die eindrucksvollen Zeichnungen von Rey Macutay, die den Leser bei der Stange halten und nicht selten staunen lassen.

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