Briar - Die Legende von Dornröschen: Buch Eins - Nie wieder schlafen

Briar - Die Legende von Dornröschen: Buch Eins - Nie wieder schlafen
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Marcel Scharrenbroich
7101

Comic-Couch Rezension vonDez 2023

Story

Fängt stark an, lässt aber schnell ebenso stark nach. Hier wurde viel inhaltliches Potential verschenkt, um die Story-Lücken mit modernem Empowerment zu füllen. Leider zu einfach und leider auch plump.

Zeichnung

Germán Garcias Artwork rettet „Briar“ den Hals! Er benötigt nur wenige Striche, um ein lebhaftes Setting zu kreieren.

KHM-50-Reloaded

Es war einmal… ganz anders.

Ihr kennt wohl alle das Märchen „Dornröschen“: Königspaar bekommt Tochter - angepisste Fee - Kind wird verflucht - sticht sich an einer Spindel - Gute Nacht, Marie. Hundert Jahre später kommt ein Prinz vorbei - Bussi links, Bussi rechts - Hochzeit - Ende. VERGESST DAS GANZ SCHNELL WIEDER, denn die Nummer lief vollkommen anders ab.

Stimmt die Geschichte zumindest bis zum folgenschweren Stich an der verfluchten Spindel, dem hundertjährigen Schlaf und dem Auftauchen eines edlen Helden noch, ging es danach im Sturzflug bergab… zumindest für die komatöse Königstochter. Das Patriarchat, bestehend aus König und Schwiegersohn in spe, hat auf den Tisch gekloppt und beschlossen, dass man das aufmüpfige Kind ja auch heiraten könne, ohne es vorher zu erwecken. Praktisch, denn so kann man sich aufs gemeinsame Blutvergießen konzentrieren. Als frischegebackener Prinz hatte der „Held“ zwar nicht den Papst, dafür aber den König in der Tasche, während die Angetraute selig vor sich hin pennt. Das ging auch eine Zeit lang gut - ein Feldzug hier, eine Eroberung da -, bis das Königreich irgendwann fiel. Männer und ihre Kriege… kannste für Gut nich‘ mitnehmen.

Die Zeit verging… und die schlafende Prinzessin geriet hinter dichten Dornenbüschen in Vergessenheit. Ihr Schicksal war besiegelt, bis heute.

Eine verhüllte Gestalt schneidet sich durch das blumige Gefängnis, befreit das mittlerweile reichlich verlotterte Mädchen vom Jahrzehnte währenden Fluch. Ein denkbar unschönes Erwachen. Briar hat nun mehr von einem ausgemergelten Zombie, anstelle der hübschen, jungen Frau, die sie mal war. Orientierungslos irrt sich durch die unwirtliche Landschaft, die mit dem einst blühenden Königreich ihrer Familie nicht mehr viel gemein hat. Blut, Tod und monstermäßige Kreaturen an jeder zweiten Ecke. Reichlich gerädert schleppt sich die arme Briar ins nächste Dorf… und gerät direkt an den nächsten Abschaum: Sklavenhändler. Immerhin macht sie dadurch die Bekanntschaft einer eisblütigen Norrish, die sich selbst nur die Spinne nennt. Eine neue Weggefährtin, die Briar durch die Trümmer ihres Erbes begleitet. Allerdings ist ihre Rückkehr in die Welt der Lebenden mit einer düsteren Prophezeiung verbunden: Kehrt die Schlafwandlerin zurück, wird die Welt brennen! Und einer finsteren Macht ist sehr daran gelegen, die Prinzessin wieder ins Land der Träume zu schicken… diesmal endgültig.

Märchen goes Dark Fantasy

Das klingt ja erstmal alles ganz nett. Allerdings verpufft die Euphorie nach dem ersten Kapitel weitestgehend. Als verdrehtes Grimm-Märchen (die Nummer 50 der Grimm’schen „Kinder- und Hausmärchen“) hat die Story durchaus ihren Reiz, entpuppt sich nach dem Twist aber als recht generische Fantasy-Kost, die man mit ihrem obligatorischen Gut-gegen-Böse-Kampf mittlerweile aus dem Effeff kennt. Es mag gut sein, dass sich die Geschichte in den beiden kommenden Bänden noch entwickelt, doch persönlich bleibe ich da noch skeptisch. Es wirkt - trotz interessanter Ansätze - einfach zu gewollt, wie man das bekannte Märchen hier fast schon zwanghaft in ein modernes Korsett quetschen möchte. Starke Heldinnen sind jetzt auch kein Novum mehr (und waren eigentlich schon immer präsent, wenn man medienübergreifend mal genau hinschaut!), weshalb der Female-Empowerment-Train hier auch gegen reichlich Gegenwind anfährt. Das liegt vor allem daran, dass Briar als Figur einfach nicht gut geschrieben ist. Sie bleibt einem stets fremd und unnahbar. Da fällt es schwer, mit ihr zu sympathisieren.

Als wahrer Glücksgriff erweist sich dagegen Germán Garcia. Seit den 90ern hat der Spanier schon mehrfach für MARVEL, DC und Dynamite gearbeitet und seinen Stil stets weiterentwickelt. In „Briar“, ursprünglich in Heftform bei BOOM! Studios erschienen, schafft er es mit verhältnismäßig wenigen schwungvollen Strichen, Charaktere perfekt zum Leben zu erwecken. Das erinnert bisweilen sehr an den stilistisch ähnlich kreativen Künstler Otto Schmidt, dessen Arbeiten ebenfalls immer eine Augenweide sind. Gerade die ersten Seiten von „Briar“, farblich (durch Pastelltöne) an eine schönere Zeit im Königreich erinnernd, legen die Messlatte schon erstaunlich hoch. Wenn die „heile Welt“ schwindet, wird der Ton auch in Garcias Artwork rauer. Ein schöner Kontrast, der durch die Farbgebung von Matheus Lopes auf den Punkt unterstrichen wird.

Da die bislang vierteilige US-Heftreihe über zahlreiche Variant-Motive verfügt, hat SPLITTER eine tolle Cover-Galerie angefügt. Unter den Künstlerinnen und Künstlern finden sich Namen wie Jenny Frison, Stephanie Hans, Frany, Dan Mora oder Yanick Paquette, die Comic-Kennern (und Cover-Lovern!) durchaus geläufig sein sollten.

Fazit:

Eine interessante Idee und viel verschenktes Potential. Die mittlerweile nur zu gerne verwendete Formel „Toughe Frau zeigt allen, wo der Hammer hängt, und geht stolz und mutig ihren Weg“ funktioniert hier nicht… oder bestenfalls bedingt. Lediglich visuell kann „Briar“ voll und ganz überzeugen.

Briar - Die Legende von Dornröschen: Buch Eins - Nie wieder schlafen

Christopher Cantwell, Germán Garcia, Splitter

Briar - Die Legende von Dornröschen: Buch Eins - Nie wieder schlafen

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