Text:   Zeichner: Sammy Harkham

Blood of the Virgin

Blood of the Virgin
Blood of the Virgin
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Marcel Scharrenbroich
7101

Comic-Couch Rezension vonAug 2023

Story

Es ist nicht alles Gold was glänzt… und schon gar nicht in der Tretmühle von Hollywood. Guter Stoff, aber man muss schon das nötige Interesse mitbringen.

Zeichnung

Schlicht, aber dem Inhalt durchaus angemessen. Der repetitive Underground-Look passt zum Fließband-Dreh der Exploitation-Ära.

Directed by „who cares“

Neues Höllywood

Sollte in Hollywood mal gerade kein Streik eine ganze Industrie außer Gefecht setzen, kurbeln die Studios eifrig einen Film nach dem anderen herunter. In der Massenware finden sich sogar manchmal richtige Schätze, sofern sie sich gegen Fortsetzungen, Remakes oder den x-ten Franchise-Aufguss durchsetzen können. Die Hochkaräter sind deutlich weniger geworden, verlässt man sich doch zu sehr auf bekannte Marken und setzt auf vermeintlich zugkräftige Stars und Sternchen mit Zahnpasta-Lächeln und Faltenfrei-Visage. Das große Erzählkino (und dessen Charakter-Köpfe) muss man mit der Lupe suchen. Die Independent-Branche ist da mutiger und experimentierfreudiger, während die großen Player erschreckend ideenlosen und ebenso seelenlosen Einheitsbrei auftischen. Das geht so weit, dass zum Beispiel bei „Transformers - Die Rache“ (2009) noch am Drehbuch geschrieben wurde, als der Dreh schon im vollen Gange war. Erstmal die Action abdrehen, denn die Story(?) drumherum kann man schließlich im Schneideraum zurechtbiegen. Selbst die aktuelle Disney+-Serie „Secret Invasion“ wurde so noch aufpoliert, während die Staffel schon in vollem Gange war. Und 2021 wurden einige Effekte in „Spider-Man: No Way Home“ noch mal aufgehübscht, nachdem zigtausend Zuschauer bereits die Schnellschuss-Variante im Kino „bestaunen“ durften. Definitiv kein brandneues Phänomen, denn in der Traumfabrik sind Flickwerk-Arbeiten schon seit Jahrzehnten Gang und Gäbe, auch wenn das CGI-Geschraube eher der cineastischen Neuzeit zuzuschreiben ist.

Der Rubel muss schließlich rollen. The Show must go on… bla, bla, blubb. Und wir? Wir konsumieren, bingen was das Zeug hält oder strafen Produktionen schon Wochen oder gar Monate vor dem eigentlichen Start im Netz ab, weil uns irgendein Detail nicht gefällt, wir eine Entscheidung des Regisseurs nicht gut finden, Darsteller für ungeeignet halten, eine Story nicht unseren Erwartungen entspricht oder Effekte nicht so geleckt aussehen, wie wir sie in unseren Vorstellungen schon zusammengebaut haben. Von so manchem Punkt nehme ich mich nicht aus, halte dies insgesamt aber für eine traurige Entwicklung. Ich vermisse die Zeit, in der höchstens ein Trailer in einer Kinovorschau gezeigt wurde, oder man der Zeitschrift „Cinema“ Glauben schenken musste bzw. konnte. In der man nicht voller Vorsicht durch den Alltag manövrieren musste, um nicht die komplette Story ohne Sichtung des Films aufs Brot geschmiert zu bekommen. Wo man ins Kino gehen konnte und sich überraschen lassen MUSSTE… ohne vorgefasste Meinung. Heute bekomme ich Spoiler in Headlines noch am Tag des Kinostarts! But… that’s the fu**ing business.

Alte (Traum?)fabrik

Los Angeles in den wilden 70ern. Mitten im Business steckt der junge Cutter Seymour, ein leidenschaftlicher Filmenthusiast. Im Gegensatz zu seinem Boss, dem Studioleiter Val Henry, hat Seymour noch große Träume. Während Val nach dem Prinzip „schnell & billig“ arbeitet, brennt in dem Siebenundzwanzigjährigen noch das Feuer des visionären Filmemachens. Damit steht seine Einstellung leider auf Kriegsfuß mit der Firmenpolitik. Zeit ist Geld, und so wird Szene für Szene heruntergedreht, die anschließend wild zusammengewürfelt in Schnipsel-Formen auf dem Tisch von Seymour landen. „Mach das Beste draus, Jungchen…

Dennoch steckt der frisch gebackene Familienvater den Kopf nicht in den Sand… obwohl er auch nach Feierabend nicht zur Ruhe kommt. Dafür sorgt schon seine „bessere“ Hälfte, die ihn mit Sonderwünschen und diversen Alltagsaufgaben ordentlich auf Trab hält. „Mach dies, tu das…

Doch nebenbei findet Seymour noch die Zeit, an einem eigenen Drehbuch zu schreiben. Damit erhofft er sich, das Blatt endlich wenden zu können. Regie führen bei einem eigenen Film, das wär’s! Zu dumm, dass Val einen unfähigen Trottel für diese Position vorgesehen hat. Als sich dann auch noch Seymours Angetraute samt Nachwuchs zu ihren Eltern absetzt und auch keine Anstalten macht, in Bälde zu ihrem Gatten zurückzukehren, droht Seymour in der Abtraumfabrik unter die Räder zu kommen.

Tief drin

Zwischen Blaxploitation, Sexploitation und anderen -ploitations sollte man sich schon stark für das Thema Film interessieren, um nicht selbst von der tiefgehenden Materie überrollt zu werden. Der Blick hinter die Maschinerie Hollywood macht schon einen authentischen Eindruck, hält sich aber auch nicht zurück, wenn es in langen, detaillierten Dialogen um fachliche Begrifflichkeiten und Abläufe geht. „Blood of the Virgin“ ist durch und durch Grindhouse, was durch Harkhams schwarz-weiße Zeichnungen im Underground-Stil nochmals unterstrichen wird. Die Bilder selbst sind simpel und folgen meist einer klassischen Anordnung. Das ist schon okay, jedoch sollte man sich das Buch auf Grund seines ordentlichen Umfangs (295 Seiten) und der Fülle an Informationen auf mehrere Lese-Sessions aufteilen.

Begeistert bin ich von der Qualität des schweren Hardcovers. REPRODUKT hat dem Wälzer ein passendes 70’s-Design spendiert, was schon die mutige Farbwahl des Einbands wiederspiegelt. Grün, Orange, Lila… was zur heiligen LSD-Hölle…???

Fazit:

Eine solide Graphic Novel mit tiefen Einblicken ins Film-Biz der 70er-Jahre. Nicht auf die Hochglanz-Produktionen der Großen, wohlgemerkt. Exploitation at it’s best… or worst.

Blood of the Virgin

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