Batman: Der schwarze Spiegel

Batman: Der schwarze Spiegel
Batman: Der schwarze Spiegel
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Marcel Scharrenbroich
9101

Comic-Couch Rezension vonApr 2019

Story

Astreine Thriller-Kost aus dem „Batman“-Universum. Superhelden müssen nicht immer bunt, knallig und explosiv agieren… die dunkle Note passt zum „Dark Knight“, wie die Faust in Jokers Kauleiste.

Zeichnung

Stilsicher und atmosphärisch in Szene gesetzt. Jock und Francavilla haben den Tusche-Vorrat geplündert und „schwärzen“ Scott Snyders Story angemessen ein.

Schwarz… Schwärzer… Gotham.

Spieglein, Spieglein an der Wand, …

Düstere Abgründe tun sich auf. Nichts neues an einem Ort, an dem niemals die Sonne zu scheinen scheint… Gotham City war noch nie eine Stadt, die man auf idyllische Postkarten drucken würde und trotz eines nächtlichen Beschützers, der die örtliche Polizei tatkräftig und hochtechnisiert unterstützt, geben sich hier die Irren die Klinke in die Hand. Als würden die „herkömmlichen“ und stadtbekannten Schurken nicht schon genug Aufmerksamkeit erfordern, zieht Gotham auch neue Kriminelle schneller an, als das Licht die Motten. So auch den „Dealer“… einen neuen Spieler im Ring.

Der „Dealer“ leitet eine Organisation, die sich „Spiegelhaus“ nennt und organisiert Schwarzmarkt-Auktionen. Diese finden an den unterschiedlichsten und natürlich strengst geheimen Örtlichkeiten statt. Das müssen sie auch sein, denn die Exponate, die dort angeboten werden, gehen weit über gängige Hehler-Ware hinaus. Hier werden Artikel gehandelt, die aus dem Besitz von Gothams finstersten Schurken stammen. Etwa ein hormonelles Mutagen, welches beispielsweise Killer Croc sein gesundes Grün verleiht, oder ein Manipulations-Chip von Jervis Tetch, dem Mad Hatter. Diese Dinge, die ungefähr zeitgleich aus der Asservatenkammer des GCPD verschwanden, bringen Batman auch auf die Spur des „Dealers“. Mit etwas „Überredungskunst“ im Batman-Style gelingt es dem Mitternachtsdetektiv, auf die Gästeliste der nächsten Auktion des „Spiegelhauses“ zu gelangen. Mit Unterstützung des hauseigenen Forensik-Labors, welches Wayne Enterprises freundlicherweise auch dem Gotham Police Department zur Verfügung stellt, wird Batman ein formschönes Fake-Gesicht geklöppelt, das der unfreiwillige Spender eh nicht mehr benötigt. Kaum bei der Versteigerung angekommen, wird auch schon ein altbekanntes Exponat angeboten: das Brecheisen, mit dem der Joker einst Jason Todd – den zweiten Robin – vermeintlich ins Jenseits prügelte. Doch Batmans Tarnung fliegt auf… und er wird mit einem Nervengift infiziert.

Commissioner James Gordon steckt derweil in seinem ganz eigenen Fall… und dieser ist rein persönlicher Natur. Gordon erfährt, dass sein Sohn James Jr. wieder in der Stadt ist. Augenscheinlich ein Psychopath, von dem sein Vater nichts mehr wissen will. Schon in frühster Kindheit zeichnete sich James Jr. durch sonderbares und auffälliges Verhalten aus, was auch seiner Adoptiv-Schwester Barbara nicht verborgen blieb. Als Kleinkind wurde James Jr. von Johnny Viti, dem Neffen des Mafia-Bosses Carmine Falcone, entführt und entkam nur knapp dem Tod (nachzulesen in Frank Millers „Batman: Das erste Jahr“), nachdem Batman im letzten Moment rettend eingriff. Eventuell war dieses Ereignis ausschlaggebend für die spätere Entwicklung des kleinen James. Er tötete hilflose Tiere und legte ein Verhalten an den Tag, welches jeden Psychiater selbst auf die Couch befördert hätte. Auch mit dem Verschwinden von Bess Keller, einer Jugendfreundin von Barbara, wird James Jr. in Verbindung gebracht, da diese beschwor, den Jungen mit Bess‘ markanten Schlüsselanhänger gesehen zu haben. Diese Erinnerungen quälen den Commissioner noch heute… Nun trifft er erneut auf den verlorenen Sohn und dieser beteuert, sich geändert zu haben. Er sei sich seines Verhaltens bewusst und die Therapie mit einem neuartigen Medikament würde Erfolge erzielen. Gordon und Barbara bleiben skeptisch…

Wer jetzt auch noch wissen möchte, wie ein überzüchteter Killer-Wal in das Foyer einer Bank kommt und welche Überraschung dieser im Inneren bereithält, sollte unbedingt zu „Der schwarze Spiegel“ greifen.

… wer ist der beste …

Tja… „Wer ist der Beste?“ oder besser gefragt „Wer ist der Bessere? Der bessere Batman?“ Eine gute Frage, denn hier steckt nicht Milliardär Bruce Wayne im maßgeschneiderten Fledermaus-Kostüm, sondern Dick Grayson… der ehemalige Robin. Der Ur-Batman hat im Groß-Event „Final Crisis“ vermeintlich den Löffel gereicht, agiert aber ohne Kostüm im Hintergrund. Wayne baut mit „Batman Incorporated“ ein weltweites Netzwerk von Helden auf, weswegen der Staffelstab vorrübergebend an seinen potentiellen Nachfolger gereicht wurde. Dick Grayson hadert allerdings mit seiner neuen Rolle. Das macht sich nicht nur daran bemerkbar, dass er es auch nach längerer Dienstzeit nicht fertiggebracht hat, das Waynsche Penthouse, welches er bewohnt, heimisch einzurichten, sondern auch an der Tatsache, dass seine Motive sich von denen, die Bruce einst antrieben, unterscheiden. Bruce Wayne und Dick Grayson eint das Schicksal, dass beide ihre Eltern auf tragische Weise verloren haben. Durch Fremdeinwirkung. Ermordet. Während der „Dunkle Ritter“ dem Verbrechen den Kampf angesagt hat und sich ihm mit allen Mitteln unnachgiebig in den Weg stellte, ist im neuen Batman der Beschützerinstinkt dominierend. Ihm liegt das Wohl von Gothams Bürgern am Herzen. Und zwar von jedem Einzelnen. Ein kleiner, aber feiner Aspekt, der den „Ritter“ vom „Retter“ unterscheidet.

Panini-Redakteur und -Übersetzer Jürgen Zahn (hier zusammen mit Steve Kups) fasst dies im einleitenden Text zu „Der schwarze Spiegel“ sehr schön zusammen und bringt Neu- und Gelegenheits-Leser somit auf den aktuellen Stand… zumindest was diesen Band angeht. Ursprünglich erschienen die zugehörigen Geschichten nämlich schon 2012 erstmals auf dem deutschen Comic-Markt. In den vergriffenen „Batman Sonderband 36: Der schwarze Spiegel“ und „Batman Sonderband 37: Hungrige Stadt“ waren die US-Hefte „Detective Comics #871 – 881 abgedruckt, welche nun allesamt auch in der Neuauflage enthalten sind. Für Erstleser eine absolut runde Sache, da sich der rote Story-Faden durch das komplette 300-Seiten-Werk zieht.

… “Batman“-Erzähler im Comic-Land ?

Hier scheiden sich die Geister. Für die einen ist Grant Morrison das Maß aller Dinge, für die anderen ist und bleibt es Frank Miller, dessen Atem wohl alle Batman-Autoren seit den frühen 90ern im Nacken spüren. Immerhin hat Millers „Die Rückkehr des Dunklen Ritters“ Batman erst neues Leben eingehaucht und wie einen dunklen, spitzohrigen Phoenix aus der kunterbunten Comic-Asche aufsteigen lassen. Seit diesem Zeitpunkt galt eine neue Zeitrechnung. Der „Dark Knight“ agierte grimmiger, härter und der Himmel über Gotham verdunkelte sich noch mehr.

Grant Morrison hingegen ist für viele Fans das Autoren-Nonplusultra, da sein komplexer Run das Batman-Universum auf eine neue Erzähl-Ebene hob. „Batmans Sohn“, „Black Glove“, „Batman R.I.P.“ und das Event „Final Crisis“, welches schließlich auch den Status Quo, dass Dick Grayson sich im Fledermaus-Kostüm befindet, vorbereitete, waren wegweisend. Es ging weiter mit „Batman & Robin“, „Die Rückkehr von Bruce Wayne“ und „Batman Incorporated“. Außerdem stammt der abgrundtiefe Psycho-Trip „Arkham Asylum“ ebenfalls aus der Feder des umtriebigen Schotten.

Neben dem aktuellen „Batman“-Schreiber Tom King, der momentan auch „Heroes in Crisis“ für DC inszeniert, kommt man außerdem an dem Namen SCOTT SNYDER nicht vorbei, wenn es um die Fledermaus geht…

Der amerikanische Autor Scott Snyder hat bereits mit seiner ersten „Batman“-Saga „Der schwarze Spiegel“ bewiesen, was er erzählerisch auf dem Kasten hat. Er liefert einen lupenreinen Thriller ab, der sich um menschliche und (vor allem) familiäre Abgründe dreht. Diese stehen auch eindeutig im Vordergrund, wenn in Rückblenden aus den jungen Jahren von James Gordon Jr. erzählt wird. Absolut dicht und den wegweisenden Faden nie aus den Augen verlierend, lotst er den Leser durch die packende Handlung. Optisch sehr passend zur düsteren Geschichte, liefern die Zeichner-Größen Jock (Mark Simpson) und Francesco Francavilla die angemessenen Bilder. Im Gegensatz zu anderen Werken, in denen mehrere Künstler bei der graphischen Umsetzung involviert sind, fällt die Zusammenarbeit hier sehr harmonisch aus. Beide Zeichner ergänzen sich und arbeiten in der letzten Geschichte sogar gemeinsam am Story-Finale. Was im Band eindeutig vorherrscht, ist SCHWARZ. Großflächige Schatten, ein pechschwarzes Nichts, das Charaktere zum Teil verschluckt und ein durch und durch dunkler Grundton. Das passt perfekt und MUSS einfach bei dieser Thematik so sein. Alles andere würde den Inhalt verfälschen, beziehungsweise weniger bedrohlich erscheinen lassen. Rückblenden heben sich farblich von der restlichen Kolorierung ab und erzeugen somit noch eine eigene atmosphärische Stimmung.

Snyder, Jock und Francavilla erweisen sich als Dream-Team für „Der schwarze Spiegel“. Der Autor und Jock arbeiteten zwischen 2014 und 2015 auch gemeinsam am Horror-Comic „Wytches“, der mich echt umgeblasen hat. Ein inhaltliches und optisches Meisterwerk. Snyder blieb dem DC-Universum aber dennoch treu und inszenierte nach seinem gelobten „Swamp Thing“-Revival weitere Stories um den „Dunklen Ritter“. „Der Rat der Eulen“, „Der Tod der Familie“, „All-Star Batman“ unter dem „Rebirth“-Banner… und nicht zuletzt das gefeierte Event „Batman Metal“.

Fazit:

Fans von krachender Superhelden-Action werden enttäuscht sein, denn eindrucksvolle *Krach*-*Bumm*-Orgien sucht man in „Der schwarze Spiegel“ vergebens. Dafür bekommt der Leser einen waschechten Thriller der Oberklasse aufgetischt, der sowohl inhaltlich mit Spannung überzeugt, als auch optisch kreativ beeindrucken kann. Wer dachte, dass in dieser Stadt auch irgendwann mal die Sonne durchblitzt, muss jetzt ganz stark sein, denn es geht tatsächlich NOCH dunkler. Schwarz… Schwärzer… Gotham.

Batman: Der schwarze Spiegel

Scott Snyder, Francesco Francavilla, Jock, Panini

Batman: Der schwarze Spiegel

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