Text:   Zeichner: Andre Lux

LARS - Der Agenturdepp

LARS - Der Agenturdepp
LARS - Der Agenturdepp
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Marcel Scharrenbroich
7101

Comic-Couch Rezension vonFeb 2020

Story

Schöne Message und eine scharfzüngige, satirische Abrechnung mit dem gehypten Agentur-Wahnsinn der Apple-Generation. Wäre ich hip, würde ich sagen: Hip!

Zeichnung

Hier muss ich neutral bewerten, da ich einem Künstler seinen etablierten Stil nicht absprechen kann und will. Reduziert auf ein Minimum, aber durchaus sympathisch und aussagekräftig… muss man auch erstmal schaffen... mit Punkt-Punkt-Komma-Strich.

Schein vs. Sein

Büro ist Krieg

Das wissen wir nicht erst seit „Stromberg“… und wer jemals in einem Großraum-Büro gearbeitet hat, wird bestimmt nicht widersprechen. Im schlimmsten Fall ist derjenige, der zuerst in die Mittagspause verschwindet, jener welcher mit der knallroten Arschkarte, womit der Rest der Truppe erstmal genüsslich ablästern kann… bis dieser unwissend Geprügelte wiederkommt und munter miteinsteigt, weil der Schreibtisch-Nachbar mal kurz auf dem Lokus und somit in der Läster-Reihenfolge an die Spitzenposition gerutscht ist. Ja, das sind eigene Erfahrungen aus der Vergangenheit, weswegen ich mich voll und ganz mit Lars identifizieren kann, dem es in seinem Job so langsam aber sicher auch schon kochend aus der Bluse dampft.

Jau, Lars arbeitet in einer Agentur. Gefällt es ihm dort? Nein, nicht wirklich. Mit halbgeschlossenen Augen und sichtlich unmotiviert trottet er am Montagmorgen in die Hölle in vier Wänden, wo nur ein schwarzer Kaffee und ‘ne Kippe zwischendurch für gute Laune sorgen. Nur die LOL- und ROFL-Fraktionen feiern sich hier selbst und halten sich für besonders wichtig, weil sie jedes zweite Wort durch (meist sinnfreies) Englisch ersetzten, welches auch nur ein Gleichgesinnter verstehen kann. Hau mal einem Engländer oder Amerikaner diese Wortschöpfungen um die Ohren… der lacht sich unter den Tisch! Übermotivierte CEOs und Deadlines jenseits von Gut und Böse sorgen für den restlichen Stimmungs-Downfall (falls es diese Wortkombination noch nicht gibt, bitte einmal in den Hipster-Duden aufnehmen… Danke!). Erst als die neue Mitarbeiterin Lea auftaucht merkt Lars, dass es Zeit ist, dem verhassten Job in den Arsch zu treten und der oberflächlichen Scheinwelt den Finger zu zeigen. Um das zu tun, was einen erfüllt, ist es schließlich NIE zu spät!

FOREVER! young

Der Ludwigsburger Verlag Cross Cult beschreitet mutig neue Wege und veröffentlicht die erste durchgehende Story des Cartoonisten Andre Lux, dessen EGON FOREVER!-Cartoons schon seit Jahren über unterschiedliche Blogs, Rubriken in Popkultur-, Satire- oder Szene-Magazinen großen Anklang finden. Auch bei „Lars – Der Agenturdepp“ bleibt er seinem etablierten Stil treu. Das KANN auf den ersten Blick abschrecken… SOLLTE es aber nicht, da Lux es hervorragend versteht, Alltagssituationen und den heutigen Zeitgeist krachend und augenzwinkernd aufs Korn zu nehmen. Schon im Alter von 11 Jahren zeichnete Andre Lux die ersten EGON-Cartoons und blieb seinem Stil bis heute treu.

Das einzige, was sich seit der Schulzeit wohl geändert hat, ist, dass Lux seine Cartoons nicht mehr selber kopieren muss, sondern Lars‘ Arbeitsalltag in der verhassten Agentur nun als großformatiges Hardcover-Album vorliegt. Eine ungewöhnliche, aber durchaus gelungene und qualitativ hochwertige Veröffentlichung.

Borleck, wie soll ich DAS denn bewerten???

Minimalistisch… und vielleicht noch eine kleine Ecke weniger. So könnte man den Zeichenstil von „Lars – Der Agenturdepp“ kurz und knapp zusammenfassen. Dabei will ich es aber nicht belassen, denn es steckt schon noch etwas mehr hinter Andre Lux‘ Strichmännchen-Optik:

Dass Lux‘ erste abgeschlossene Comic-Geschichte keinen Schönheitspreis gewinnen kann sollte klar sein, denn optisch erinnert das, was er da aufs karierte Papier gekritzelt hat an das, was wohl jeder von uns früher aus Langeweile im Schulunterricht schon mal mit Kuli, Filz- oder Bleistift in sein Heft gesaut hat. Sah nicht schön aus, vertrieb aber die Zeit. So kann man es bei „Lars – Der Agenturdepp“ auch sehen. Nur, dass man nicht selber zum Stift greifen muss. Dabei schafft Andre Lux aber tatsächlich das Kunststück, dass man den Figuren, die wirklich nur aus einem Kreis und ein paar Strichen bestehen, ihre Emotionen ansieht. Kleine Details wie Brille, Bart oder abstehende Haare sorgen für die (unbedingt) nötige Abwechslung. Den Rest erledigen die Dialoge.

Immer wieder ertappte ich mich beim Schmunzeln, wie Lux die scheinbar perfekte Möchtegern-Medien-Welt mit schludriger Optik herrlich durch den Kakao zieht. Hier zeigt sich die komplette Palette zwischen Schein und Sein. Wenn zwischen Sushi und laktosefreiem Quark über Usability-Verbesserung, Work-Life-Balance und Deadlines philosophiert wird, schwillt nicht nur Lars der Kamm und man möchte die selbsternannten Dreitagebart-Hipster am liebsten mit einem veganen Soja-Latte-Macchiato ersäufen, bevor man sie mit dem Schädel auf die Tastaturen ihrer MacBooks knallt und eine Trainingsstunde zur neuen Trend-Sportart Waterboarding einläutet! Zu viel? Gut… anders: „Lars – Der Agenturdepp“ bietet mit seinen Ohne-Lineal-gezogenen Panels, den handgeschriebenen (und nicht selten mit Tipp-Ex ausgebesserten) Texten und der positiv-dilettantischen optischen Präsentation ein Zerrbild des Agentur-Alltags, der gerne sooo viel mehr wäre, als er eigentlich ist.

Fazit:

Reduziert auf das Wesentliche. Nicht schön, aber durchaus effektiv. Ob man den simplen Stil von Andre Lux mag, sei mal dahingestellt… aber die Botschaft, die so umso klarer hervorsticht, ist eindeutig: Geht's raus und spielt's Fußball… ach ne, das war was anderes… wo ist das Tipp-Ex?

LARS - Der Agenturdepp

Andre Lux, Andre Lux, Cross Cult

LARS - Der Agenturdepp

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